Babboe-Lastenräder: Rückruf wird zur Hängepartie
Die Rückrufaktion der Babboe-Lastenräder sorgt weiter für Aufregung: Nachdem es in den letzten Jahren zu Rahmenbrüchen kam, rief der niederländische Hersteller ausgewählte Modelle zurück. Noch immer ist unklar, ob und wie Besitzer Geld zurückbekommen.
Für die meisten Besitzer von Lastenrädern der Marke Babboe heißt es noch immer: warten. Nach der Rückrufaktion im Februar sind weiterhin viele Fragen offen, wie Recherchen von NDR Info zeigen.
Die niederländischen Behörden werfen dem Unternehmen vor, die Mängel, die unter anderem zu Rahmenbrüchen geführt hatten, nicht gemeldet zu haben. Auch seien die Ursachen der Defekte nicht ausreichend untersucht und keine Maßnahmen ergriffen worden. Daher muss der Hersteller nun auch strafrechtliche Konsequenzen fürchten.
Verkaufsstopp gilt auch für Deutschland
In den Niederlanden wurde im Februar ein Verkaufsstopp für die insgesamt acht betroffenen Modelle mit fast 20 Varianten verkündet, der inzwischen auch für Deutschland gilt. Der Hersteller warnt davor, die Räder weiterhin zu benutzen. Darüber hinaus wurde ein Rückruf der betroffenen Produkte angeordnet.
Niederländischer Hersteller nur schwer erreichbar
Obwohl der Hersteller eine Fünf-Jahres-Garantie auf den Rahmen gibt, könnte es sehr schwierig werden, diese durchzusetzen. Babboe und der Mutterkonzern Accell Group sitzen in den Niederlanden, Babboe ist nur sehr schwer erreichbar. Außerdem enthalten die Garantiebedingungen viel Kleingedrucktes wie Vorschriften zu Wartungsarbeiten, zur Lagerung und auch die Bestimmung, dass die Garantie nur für den ersten Besitzer gilt. Auch beim Rahmen kann nur ein Restwert geltend gemacht werden, der nach fünf Jahren bei höchstens 15 Prozent des Fahrrad-Gesamtpreises liegt.
Besitzer könnten bei Unfall haftbar gemacht werden
Der niederländische Hersteller rät von einer weiteren Benutzung der Lastenräder ab. Verbraucherschützer verweisen darauf, dass die Benutzung auf eigene Gefahr erfolgt. Benutzer könnten sogar haftbar gemacht werden, wenn Dritten etwas passiert, da die Gefahr von Rahmenbrüchen nun bekannt ist. Auf Anfrage von NDR Info spricht der Konzern von einer geringen Zahl von Fällen - Personenschäden seien dabei nicht entstanden.
Kulante Regelung des Fahrradhändlers möglich
Betroffenen sind momentan die Hände gebunden. Vom Mutterkonzern Accell Group in den Niederlanden heißt es nur, man spreche mit dem Hersteller, um eine Lösung zu finden. Eine technische Lösung kann praktisch ausgeschlossen werden, weil dann alle Räder neu verschweißt und lackiert werden müssten. Das ist kaum machbar und viel zu teuer.
Eine Möglichkeit ist es, mit dem Händler Kontakt aufnehmen, der das Fahrrad ursprünglich verkauft hat und nach einer kulanten Regelung zu fragen.
Keine schnelle Lösung in Sicht
Es werde nun nach einer schnellen Lösung gesucht, betonte der Konzern. Dennoch könnte dies noch Monate dauern, hieß es kürzlich. Solange sollen Kunden ihr Rad nicht benutzen. Eine Zwischenlösung gibt es nicht. Das Unternehmen erklärte auf Anfrage, dass es eng mit den Behörden in Deutschland und den Niederlanden zusammenarbeite.
Lastenräder sind kein Nischenprodukt mehr
Im Jahr 2022 wurden in Deutschland insgesamt 4,6 Millionen Fahrräder verkauft. Davon waren nur rund 210.000 Lastenräder, also etwa jedes zwanzigste Fahrrad. Allerdings sind die Wachstumsraten trotz eines Anschaffungspreises zwischen 3.000 und 10.000 Euro enorm, vor allem bei den E-Lastenrädern. Zuletzt lagen die Raten bei 40 bis 60 Prozent pro Jahr. Das lag und liegt auch daran, dass Lastenräder von staatlicher Seite finanziell massiv gefördert werden.
Rückrufe bei Fahrrädern eher selten
Während es bei Ladenrädern mehrere Hundert Produktrückrufe pro Jahr gibt, kommen diese bei Fahrrädern eher selten vor. Der Stiftung Warentest zufolge ist dies in den vergangenen Jahren nur rund 20 Mal passiert. Da ging es um Bremsen und defekte Akkus, die auf keinen Fall wieder aufgeladen werden sollten. Achsbrüche oder Rahmenbrüche mit der Empfehlung, die Fahrräder sofort stehen zu lassen und nicht mehr zu benutzen, waren auch dabei. Gerade erst im vergangenen Jahr gab es einen Rückruf von E-Bikes der Marke Zemo. Auch da war der Rahmen gebrochen, mehrere Personen wurden sogar verletzt. Da wurde zwar ein Restwert erstattet, aber in den meisten Fällen blieben nur noch zehn Prozent des Kaufpreises übrig.
Hinweis der Redaktion: In einer vorherigen Version des Artikels haben wir versehentlich den Namen des Mutterkonzerns falsch geschrieben. Richtig ist Accell Group, nicht: Axel Group. Die Redaktion bittet für diesen Fehler um Entschuldigung.