Polizeibeamte stehen bei einer Razzia gegen mutmaßliche Schleuser in der Nähe eines Gebäudes, das durchsucht wird. Gianni Gattus/dpa - ACHTUNG: Schild an Parkplatz aus rechtlichen Gründen gepixelt +++ dpa-Bildfunk © Gianni Gattus/dpa Foto: Gianni Gattus/dpa
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AUDIO: Razzia gegen Schleuser: Zehn mutmaßliche Mitglieder festgenommen (3 Min)

360.000 Euro für Staatsbürgerschaft: Razzia gegen mutmaßliche Schleuser

Stand: 18.04.2024 10:00 Uhr

Bundespolizei und Staatsanwaltschaft haben bei Razzien in mehreren Bundesländern zehn mutmaßliche Mitglieder einer international agierenden Schleuserbande festgenommen. Auch in Hamburg und Schleswig-Holstein gab es am Mittwoch Durchsuchungen.

Insgesamt 101 Wohn- und Geschäftsräume in acht Bundesländern sind seit dem frühen Mittwochmorgen durchsucht worden. Mehr als 1.000 Beamte der Bundespolizei und der Staatsanwaltschaft waren daran beteiligt. Auch Banknoten-Spürhunde seien eingesetzt worden. Insgesamt richten sich die Ermittlungen gegen 38 mutmaßliche Bandenmitglieder und 147 weitere Personen, die geschleust worden sein sollen. "Bislang konnten umfangreiche Beweismittel und nicht unerhebliche Vermögenswerte gesichert werden, unter anderem circa 210.000 Euro Bargeld", teilte die Bundespolizei mit.

Hauptbeschuldigte sind zwei Anwälte

Der Schwerpunkt der Ermittlungen liegt den Angaben zufolge in Nordrhein-Westfalen, wo auch die zehn Beschuldigten verhaftet wurden. Nach einer Person werde noch gefahndet. Hauptbeschuldigte seien eine Rechtsanwältin und ein Rechtsanwalt aus dem Raum Köln. Auch ein Mitarbeiter des Kreises Düren wurde verhaftet. Er soll bei den Schleusungen maßgeblich beteiligt gewesen sein und dafür Bestechungsgelder erhalten haben.

Sechs Beschuldigte seien bereits dem Haftrichter vorgeführt worden. Der Tatvorwurf lautet auf banden- und gewerbsmäßiges Schleusen von Ausländern sowie auf Bestechung und Bestechlichkeit von Mitarbeitern lokaler Behörden. Für gewerbsmäßiges Einschleusen drohen Freiheitsstrafen bis zu 15 Jahren.

Zu Unrecht Aufenthaltserlaubnisse verschafft

Die Bande soll Sonderregelungen für ausländische Fachkräfte ausgenutzt haben, um den 147 Menschen zu Unrecht Aufenthaltserlaubnisse zu verschaffen. Wenn man später nachgeholte Familienangehörige hinzuzähle, gehe es um etwa 350 zumeist chinesische Staatsangehörige, sagte ein Düsseldorfer Staatsanwalt. Die mutmaßlichen Schleusungen liefen nach Angaben der Ermittler schon über mehrere Jahre.

Ursprung der Ermittlungen seien ein Hinweis des deutschen Konsulats aus Kanton in China sowie zahlreiche Geldwäsche-Verdachtsanzeigen durch Banken gewesen, sagte der ermittlungsleitende Staatsanwalt Hendrik Timmer am Mittwoch in Düsseldorf. Die Ermittlungen seien 2020 aufgenommen worden, aber die Tatzeiten lägen teilweise bereits in den Jahren 2016 und 2017.

Bis zu 360.000 Euro für deutsche Staatsbürgerschaft

Das Ganze ist den Ermittlern zufolge über ein sogenanntes Residenz-Programm im Internet angebahnt worden. Konkret war das Lockmittel wohl Werbung für ein "Weltklasse-Gesundheitssystem" und beste Bildung. Es werde sogar die deutsche Staatsbürgerschaft in Aussicht gestellt, sagte Timmer. Der Gesamtpreis dafür liege bei 360.000 Euro. Das Programm habe sich insbesondere an Chinesen gerichtet, aber auch an Interessierte aus dem Oman und Südafrika.

Von einem Großteil der 147 von der Bande geschleusten Personen sei der Aufenthaltsort derzeit nicht bekannt, so Timmer. Sollten sie gefunden werden, werde ihre erschlichene Aufenthaltserlaubnis unwirksam. Solange sie als Beschuldigte geführt würden und das Strafverfahren laufe, werde die Abschiebung aber ausgesetzt. Die Ermittler erhoffen sich von ihnen noch Zeugenaussagen.

Schleswig-Holstein: Wohnung in Quickborn durchsucht

Bei den Ermittlungen in Schleswig-Holstein geht es laut Staatsanwaltschaft Düsseldorf um eine offenbar auch als Geschäftsraum genutzte Wohnung in Quickborn (Kreis Pinneberg), die am Mittwoch ebenfalls durchsucht wurde. Ziel waren neben der Kanzlei und den Wohnräumen der Hauptbeschuldigten auch die angeblichen Geschäftssitze der Scheinfirmen und vermeintliche Wohnsitze.

Am Folgetag weitere Durchsuchungen

Am Donnerstag setzte die Bundespolizei ihre Razzia gegen Schleuserkriminalität in Nordrhein-Westfalen fort. Es würden 116 weitere Wohnsitze durchsucht, teilten die Staatsanwaltschaft Düsseldorf und die Bundespolizeidirektion Sankt Augustin am Morgen mit. Die Wohnsitze sollen gegenüber den Behörden nur zum Schein angegeben worden sein, um unerlaubt Aufenthaltserlaubnisse zu erlangen.

Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Aktuell | 17.04.2024 | 08:00 Uhr

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