Prozess gegen Osterburg: Zeugen belasten Angeklagten
Im Untreue-Prozess gegen den früheren Fraktionschef der Grünen im Bezirk Hamburg-Mitte hat dessen frühere Kinderfrau ausgesagt. Die Höhe der von Michael Osterburg über die Fraktion abgerechneten Kinderbetreuungskosten könne sie sich nicht erklären, sagte die 33-Jährige am Mittwoch vor dem Landgericht.
Auch seien in den Belegen Daten und Arbeitszeiten falsch angegeben. Zudem stammten mehrere Unterschriften gar nicht von ihr und Belege, auf denen tatsächlich ihre Unterschrift stehe, erweckten den Anschein, verändert worden zu sein, sagte sie. "Das, was ich unterschrieben habe, da standen meine tatsächlichen Arbeitszeiten drauf."
Anklage wegen gewerbsmäßiger Untreue
Osterburg ist der gewerbsmäßigen Untreue angeklagt, teilweise in Tateinheit mit Betrug und Urkundenfälschung. Die 121 angeklagten Fälle stammen aus den Jahren 2015 bis 2019 - einer Zeit, als der 55-Jährige und die frühere Grünen-Landesvorsitzende und heutige Justizsenatorin Anna Gallina noch ein Paar waren. Knapp 33 000 Euro soll sich Osterburg aus der Fraktionskasse zu unrecht erstatten lassen haben für Privates wie Anschaffungen oder Restaurantbesuche.
Allein für die Betreuung der drei Kinder geht die Staatsanwaltschaft von falschen Abrechnungen in Höhe von insgesamt über 9.200 Euro aus. Osterburg hatte zu Beginn des Prozesses eingeräumt, auch Belege für die Nanny über eine Kinderbetreuung abgerechnet zu haben, die tatsächlich von anderen Personen geleistet wurden. Um wen es sich dabei gehandelt habe, erklärte er nicht.
Kinderfrau: Geld in bar erhalten
Die Kinderfrau sagte nun aus, dass es ihres Wissens keine weiteren Betreuungspersonen gegeben habe. Nur die Großmutter sei zuweilen eingesprungen. Sie habe seit 2015 im Rahmen eines Minijobs auf die Kinder aufgepasst, sagte die 33-Jährige. Anfangs ein- bis zweimal pro Woche, später habe sie meist nur noch einen Tag pro Woche für die Familie gearbeitet. Ihr anfänglicher Stundenlohn von neun Euro sei später auf zwölf Euro erhöht worden. Erhalten habe sie das Geld in bar, wenn Gallina oder Osterburg nach Hause gekommen seien.
Dass sie - wie von Osterburg in den Belegen angegeben - bis in die Nacht auf die Kinder aufgepasst habe, bestritt die Frau. "Bis 1 Uhr - das mache ich nie. Ich war nie so lange da." Auch habe sie entgegen den Angaben weder sonntags noch in den Schulferien gearbeitet.
Weitere Zeugen widersprechen Osterburgs Angaben
Auch drei angeblich von Osterburg bewirtete Personen sagten am Mittwoch als Zeugen aus. Sie bestritten, bei den von Osterburg bei der Fraktion abgerechneten Treffen zugegen gewesen zu sein. Auch von geheimen Treffen des früheren Fraktionschefs mit Tippgebern hätte sie nie etwas gehört. Osterburg hatte in der von seinem Anwalt zu Prozessbeginn verlesenen Erklärung auch eingeräumt, in den Bewirtungsbelegen falsche Namen angegeben zu haben, um die Identität der tatsächlich bewirteten Personen geheimzuhalten, weil diese "Probleme bekommen hätten, wenn ihre Namen aufgetaucht wären - Stichwort: Tippgeber".