Prozess wegen Untreue: Osterburg legt Teilgeständnis ab
Vor dem Landgericht hat am Mittwoch der Prozess wegen gewerbsmäßiger Untreue gegen Michael Osterburg begonnen. Der ehemalige Fraktionschef der Grünen im Bezirk Hamburg-Mitte soll private Ausgaben aus der Fraktionskasse bezahlt haben.
Der Prozess startete mit einem Teilgeständnis von Osterburg, der mit Kapuze über dem Kopf, Sonnenbrille und einem blauen Aktendeckel vor dem Gesicht den Gerichtssaal betrat. Über seinen Anwalt gab der 55-Jährige zu, bei Bewirtungsbelegen zwischen 2015 und 2019 falsche Angaben gemacht zu haben.
Bewirtungen falsch angegeben
Laut Osterburgs Anwalt haben die Bewirtungen in den von der Anklage genannten Restaurants stattgefunden - allerdings nicht mit den in der Abrechnung angegebenen Personen. Die Identitäten der tatsächlich bewirteten Personen wolle sein Mandant aber nicht preisgeben, quasi aus Informantenschutz. Es geht bei den Bewirtungen um eine Summe von insgesamt mehr als 6.000 Euro. Auch eine von Osterburg abgerechnete Malta-Reise für rund 800 Euro sei privater Natur gewesen.
Anschaffungen seien für die Fraktion gewesen
Zudem seien Anschaffungen von Computern und anderen Gebrauchsgegenständen im Wert von mehr als 10.000 Euro für die Fraktion getätigt worden oder mit ihr abgestimmt gewesen. Akkuschrauber seien zum Beispiel fürs Reparieren von Plakatwänden und Stirnlampen zum nächtlichen Plakatieren nötig gewesen.
"Negatives Bild über Politiker"
Osterburg bedauere, dass er Ausgaben zum Teil falsch abgerechnet habe und dadurch "ein negatives Bild über Politiker entstanden ist". Er habe sich stets für die Partei der Grünen und die Interessen der Stadt Hamburg eingesetzt. Im Nachhinein sei er zu der Erkenntnis gelangt, dass es besser gewesen wäre, wenn er sich mehr ums Privatleben und die Familie gekümmert hätte. Auch sei sein Mandant bereit, die entstandenen Schäden zu ersetzen, so der Anwalt.
Jahrelange Ermittlungen vor dem Prozess
Drei Jahre hatten die Ermittlungen nach der Strafanzeige der Grünen-Fraktion in der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte gedauert. Hunderte von Quittungen und Belegen hatten die Ermittlerinnen und Ermittler gesichtet. Mehr als 160 Zeuginnen und Zeugen waren befragt worden. Die Aktenordner füllen laut Staatsanwaltschaft sieben Kartons. Wegen des besonderen Umfangs des Verfahrens sei die Anklage beim Landgericht eingereicht worden.
121 Fälle angeklagt
Letztendlich angeklagt wurden 121 Fälle im Zeitraum von 2015 bis 2019. Es geht insgesamt um eine Schadenssumme von 33.000 Euro. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft lautet auf gewerbsmäßige Untreue, teilweise in Tateinheit mit Betrug und Urkundenfälschung. Es geht um Reise- und Mietwagenabrechnungen, jede Menge Restaurantbesuche - dabei auch ein Hummer-Essen auf Malta - und Betreuungskosten für das gemeinsame Kind mit seiner ehemaligen Partnerin, Hamburgs Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne).
Was wusste Gallina?
Gallina war von den Ermittlerinnen und Ermittlern befragt worden. Anschließend hieß es, es gebe keine "tatsächlichen Anhaltspunkte" für eine strafrelevante Beteiligung. Wieviel sie möglicherweise von Osterburgs Vorgehen gewusst hat, ist unklar. Die beiden hatten sich im Herbst 2019 getrennt.
Es sind acht weitere Verhandlungstage angesetzt. Sollte Osterburg voll umfänglich gestehen, dann könnte er wohl mit einer Bewährungsstrafe rechnen. Das hatte der Richter zu Beginn angedeutet.