Pro-Palästina-Demo der Schura in Hamburg vorzeitig beendet
Die erste in Hamburg genehmigte pro-palästinensische Kundgebung seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel ist am Mittwochabend vorzeitig beendet worden. Zeitgleich fand am Jungfernstieg eine weitere pro-palästinensische Kundgebung statt.
Die Demo war von der Schura, dem Rat der Islamischen Gemeinschaften in Hamburg, angemeldet und unter strengen Auflagen der Versammlungsbehörde genehmigt worden. Nachdem es der Schura nicht gelang, die einzelnen Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Kundgebung zur Einhaltung der erteilten Auflagen zu bringen, beendete sie die Versammlung nach nur 40 Minuten.
800 Menschen bei der Kundgebung
Nach Polizeiangaben kamen 800 Menschen zu der Kundgebung in St. Georg, die unter dem Motto "Lasst uns friedlich unsere Stimme erheben für die Menschen und den Frieden im Nahen Osten - auch für das Palästinensische Volk" stand. Erwartet worden waren 1.500. Mehrfach skandierte die Menge "Free, free Palestine" - ein Slogan, der aufgrund der von der Versammlungsbehörde erteilten Auflagen nicht erlaubt war. Immer wieder wurde auch "Allahu Akbar" (Allah ist groß) skandiert. Neben vielen palästinensischen Fahnen wurden auch Plakate mit Slogans wie "Israel bombardiert, Deutschland toleriert", "Deutsche Staatsräson tötet" oder "Stop killing Babies" hochgehalten.
Großaufgebot der Polizei im Einsatz
Viele Demonstrierende wollten nach dem Ende der Kundgebung geschlossen in Richtung des Hamburger Hauptbahnhofs laufen. Die Polizei stoppte die Menge mehrfach und forderte sie schließlich auf, sich in Kleingruppen zu entfernen. Daraufhin zerstreute sich die Menge. Die Polizei begleitete die Kundgebung insgesamt mit einem Großaufgebot von 1.500 Einsatzkräften. Die Hamburger Beamtinnen und Beamten wurden von Kolleginnen und Kollegen aus Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und der Bundespolizei unterstützt. Auch mehrere Wasserwerfer standen bereit.
Enttäuschung bei der Schura
Die stellvertretende Schura-Vorsitzende Özlem Nas zeigte sich nach Ende der Kundgebung enttäuscht. Als Religionsgemeinschaft sei es der Schura ein Anliegen gewesen, die palästinensische Stimme hörbar zu machen. Einzelne hätten sich nicht an die Auflagen gehalten. "Und natürlich bringt das weder der Stadtgesellschaft noch den Menschen in Palästina etwas, wenn man sich hinstellt und einfach den Frust raus schreit." Ob solche Kundgebungen unter den strengen Auflagen überhaupt noch möglich sind, müsse nun überlegt werden.
Strenge Auflagen für die Demo
Im Vorfeld der Demo war tagelang über alle Details verhandelt worden - zwischen der zur Polizei gehörenden Versammlungsbehörde und der Schura. Strenge Auflagen wurden festgelegt: Es sollte keine Transparente, Reden oder Sprechchöre geben, die das Existenzrecht Israels infrage stellen, die zur Solidarität mit der Hamas aufrufen, ihre Symbole zeigen oder deren Terrorakte gutheißen.
Für die Genehmigung der Demo hatte auch gesprochen, dass der Vorstand der Schura die Hamas-Attacke verurteilt und gleich danach die Jüdische Gemeinde in Hamburg besucht und Solidarität und Anteilnahme erklärt hatte.
Zweite pro-palästinensische Kundgebung am Jungfernstieg
Zeitgleich zur Demo in St. Georg fand am Hamburger Jungfernstieg eine weitere pro-palästinensische Kundgebung statt, an der zeitweise mehr als 400 Menschen teilgenommen haben. Diese Versammlung sei von einer Privatperson unter dem Tenor "Gegen Grundrechtseinschränkungen. Für das Versammlungsrecht!" angemeldet worden und habe erst im Verlauf der Versammlung einen pro-palästinensischen Charakter entwickelt, so die Hamburger Polizei. Ein Aufruf für die Veranstaltung, der in sozialen Netzwerken wie Instagram verbreitet wurde, zeigt allerdings die stilisierte palästinensische Flagge. Laut Anmeldung sollte es zwei Redebeiträge zu den Themen Grundrechtseinschränkungen und Versammlungsfreiheit geben. Ebenso war es laut Polizei nicht vorgesehen gewesen, dass Fahnen gezeigt werden.
Ermittlungsverfahren gegen Versammlungsleiterin wird geprüft
Viele der Teilnehmenden brachten jedoch palästinensische Flaggen mit. Ebenso wurden im Laufe der Veranstaltung wiederholt emotionale "Free Palestine"-Chöre angestimmt, die auf der Demonstration am Steindamm per Auflage verboten worden waren. Nach einem Austausch mit dem dortigen Einsatzleiter der Polizei seien Auflagen erteilt worden, unter denen eine Fortführung der Veranstaltung gewährt wurde, heißt es dazu auf Nachfrage von der Polizei. Die Versammlungsbehörde habe von dieser Entwicklung Kenntnis bekommen und werde dies bei der Bewertung künftiger Versammlungsmeldungen einbeziehen. "Es wird mit dem Wissen von heute geprüft, ob gegen die Versammlungsleiterin ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird wegen wesentlich anderer Versammlungsdurchführung als angemeldet", so ein Polizeisprecher.
Insgesamt verlief die Veranstaltung friedlich
Insgesamt sei die Veranstaltung am Jungfernstieg friedlich verlaufen. Mehrere Teilnehmende der Demonstration berichteten einem NDR Reporter von der Sorge um ihre Angehörigen im Gaza-Streifen. Sie würden sich Frieden für ihre Familien wünschen. Ebenso betonten sie auf Nachfrage, dass Antisemitismus auf solchen Veranstaltung nichts zu suchen hätte. Vereinzelt wurde im Zuge der Veranstaltung Kritik an der Politik Israels geäußert.
Demo-Verbot bis Sonntag verlängert
Am Mittwoch war eine Allgemeinverfügung, die alle nicht angemeldeten und nicht behördlich bestätigten pro-palästinensischen Versammlungen verbietet, von der Versammlungsbehörde um weitere vier Tage verlängert worden. Das Verbot gilt damit nun bis einschließlich Sonntag. Durch diese Maßnahme sei es gelungen, die Lage in der Stadt insgesamt ruhig zu halten, hieß es von der Polizei. Die Versammlungsbehörde arbeite derzeit bereits daran, zwei weitere für diese Woche geplante Demonstrationen zu untersagen, so ein Polizeisprecher.