Öffentlicher Dienst der Länder: Durchbruch bei Tarifverhandlungen
Nach langen Verhandlungen gibt es einen Durchbruch bei den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst der Länder. Das teilten der Verhandlungsführer der Tarifgemeinschaft deutscher Länder, Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD), und der Chef der Gewerkschaft ver.di, Frank Werneke, am Sonnabend mit.
Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes der Länder erhalten demnach Sonderzahlungen und eine Lohnerhöhung von 5,5 Prozent. Nach den dreitägigen Gesprächen in Potsdam sprach ver.di-Chef Werneke von einem "wertigen" Ergebnis. Dressel sagte, es handele sich um ein "insgesamt herausforderndes Ergebnis", allerdings sei es über drei Haushaltsjahre betrachtet machbar.
3.000 Euro Inflationsausgleich
Alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes seien derzeit gleichermaßen von hohen Preisen betroffen, so Werneke. Deshalb seien Inflationsausgleichszahlungen von insgesamt 3.000 Euro vereinbart. Im Dezember sollen 1.800 Euro fließen oder zumindest angewiesen werden. Von Januar bis Oktober 2024 gibt es monatliche Zahlungen von jeweils 120 Euro.
200 Euro Sockelbetrag plus 5,5 Prozent
Ab 1. November 2024 steigen die Einkommen der rund 1,1 Millionen Beschäftigten der Länder um einen Sockelbetrag von 200 Euro. Dies ist vor allem für die unteren Lohngruppen von Bedeutung. Ab 1. Februar 2025 kommt darauf eine weitere Entgelterhöhung von 5,5 Prozent. Die Laufzeit beträgt 25 Monate bis Oktober 2025.
Mehr Geld für Azubis
Auszubildende und Praktikanten erhalten dem Abschluss zufolge im Dezember einen Inflationsausgleich von 1.000 Euro. Ausbildungsentgelte steigen ab November 2024 um 100 Euro und später noch einmal um 50 Euro. Für studentische Hilfskräfte soll zudem in zwei Stufen ein Mindest-Stundenlohn von 13,98 Euro eingeführt werden. Dressel betonte im Gespräch mit dem Hamburg Journal im NDR Fernsehen, damit gebe man ein "klares Signal, dass der Landesdienst attraktiv ist für Nachwuchskräfte".
Dressel: Mehrkosten von 23,9 Milliarden Euro für Länder
Für die Länder bedeutet der Abschluss Mehrkosten in Höhe von von 23,9 Milliarden, wie Dressel erläuterte. "Die öffentlichen Haushalte befinden sich im Krisenmodus, gleichzeitig wird es für uns als Länder schwieriger, Personal zu gewinnen und zu halten." Die Kosten verteilten sich ab Dezember auf insgesamt drei Haushaltsjahre und seien deshalb "machbar". Der Sockelbetrag habe eine starke soziale Komponente, die sich auf Bezieher geringerer Einkommen besonders stark auswirke, hob Dressel hervor.
Werneke: Beschäftigte der Länder ziehen gleich
Ver.di-Chef Werneke zeigte sich zufrieden damit, dass das Einkommen der Landesbeschäftigten nun an den Lohn der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Bund und Kommunen anschlössen. "Bund, Länder und Kommunen - das ist aus unserer Sicht ein öffentlicher Dienst." Im April hatten die Gewerkschaften mit Bund und Kommunen einen entsprechenden Abschluss mit Sonderzahlungen, Sockelbetrag und 5,5 Prozent mehr Lohn abgeschlossen.
Wochenlange Warnstreiks
Weitere Warnstreiks sind mit dem Abschluss vom Tisch. Werneke sagte, das Tarifergebnis sei durch eine enorme Mobilisierung zustande gekommen. "Es ist ein Ergebnis, das sich die Beschäftigten selbst erkämpft haben." Wochenlang hatten Beschäftigte Hochschulen, Universitätskliniken und andere Ländereinrichtungen bestreikt. Dies zeige, dass Gewerkschaften wirkten, sagte Werneke.
Abschluss soll auch auf Beamte übertragen werden
Der bisher geltende Länder-Tarifvertrag war Ende September ausgelaufen. Die Einigung gilt für die Bundesländer mit Ausnahme von Hessen, das seinen Tarifvertrag selbst aushandelt. Der Abschluss der Länder soll nun auch auf die Beamtinnen und Beamten übertragen werden - betroffen sind damit mehr als drei Millionen Beschäftigte.
Dressel sagt Hamburgs Beamten vollständige Übernahme zu
Dressel kündigte bereits eine vollständige Übernahme des Tarifabschlusses auf die Beamtinnen und Beamten in Hamburg an angekündigt. "Wir sind vorbereitet, nach entsprechenden Bürgerschaftsbeschlüssen im Dezember sehr zeitnah zu Jahresbeginn auch mit Auszahlungen der Inflationsausgleichsprämie für Tarifbeschäftigte, Beamte und Pensionäre zu beginnen", sagte er am Sonnabend. Darauf könnten sich die Beamtinnen und Beamten der Hansestadt verlassen. Die Gesamtkosten des Abschlusses bezifferte Dressel auf voraussichtlich rund 920 Millionen Euro - davon 325 Millionen Euro in den Jahren 2023 und 2024 sowie 595 Millionen Euro im Jahr 2025. Das werde zweifellos eine Herausforderung, sagte Dressel. Klar sei, dass sich der Spielraum für andere wünschenswerte Maßnahmen signifikant reduziere. Das müsse jeder wissen. Zum Beispiel könne Hamburg nicht Dinge kompensieren, die der Bund wegen seiner Haushaltsprobleme nicht mehr finanziere, sagte Dressel im NDR Hamburg Journal.
DGB Hamburg: Keine Abstriche bei Beamten
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Hamburg hatte den Senat zuvor aufgefordert, das Tarifergebnis für den öffentlichen Dienst der Länder rasch auf die Beamten zu übertragen. Das Tarifergebnis müsse möglichst schnell zeit- und wirkungsgleich auf die Besoldung und Versorgung der Beamtinnen und Beamten übertragen werden, erklärte Hamburgs DGB-Chefin Tanja Chawla. Dabei dürfe es keine Abstriche im Bereich der Versorgung geben.
Schleswig-Holstein: Ver.di lobt Kompromiss
In Schleswig-Holstein bezeichnete ver.di Nord-Sprecher Frank Schischefsky die Einigung als "positiven und erkämpften Kompromiss". Diana Markiwitz, stellvertretende Leiterin des ver.di Landesbezirks Nord rechtfertigte die Warnstreiks und Demonstrationen, die es im Vorfeld gegeben hatte: "Dieses Ergebnis ist auch deshalb möglich geworden, weil die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in unseren Nordbundesländern auf die Straße gegangen sind und eine große Mobilisierungswelle gestartet ist."
Mecklenburg-Vorpommern: Gewerkschaften zufrieden
Auch in Mecklenburg-Vorpommern gab es Zustimmung zu dem Tarifabschluss. Mehrere Gewerkschaften begrüßten, dass nach schwierigen Verhandlungen und trotz schwieriger Rahmenbedingungen ein guter Kompromiss gefunden worden sei. Im Durchschnitt steigen die Gehälter der Landesbeschäftigten laut ver.di während der Laufzeit um mehr als elf Prozent.