NDR HamburgTrend: SPD bleibt stärkste Kraft - CDU legt deutlich zu
In etwa einem Jahr wählen die Hamburgerinnen und Hamburger eine neue Bürgerschaft. Würde am kommenden Sonntag gewählt, bekäme Rot-Grün wieder eine Mehrheit, wie der NDR HamburgTrend zeigt. Das Umfrageinstitut infratest dimap hat dafür 1.164 Wahlberechtigte befragt.
Bei der letzten Bürgerschaftswahl wurde die SPD trotz Verlusten mit erneut großem Vorsprung stärkste Kraft. Die Grünen rangierten mit einem Rekordergebnis erstmals auf Platz zwei, während die CDU mit einem knapp zweistelligem Ergebnis auf ein neues Rekordtief und hinter die Grünen zurückfiel. Die Linke verteidigte 2020 mit Bestwert ihren vierten Rang im Parteiensystem. Konnte die AfD nach Verlusten die Fünf-Prozent-Hürde damals knapp nehmen, scheiterte die FDP hauchdünn an der Mandatsschwelle. Nur dank eines Direktmandates sind die Liberalen seither in der Bürgerschaft vertreten.
AfD bleibt in Hamburg einstellig
Jetzt hätten die Hamburger Sozialdemokraten 30 Prozent in Aussicht. Sie blieben damit klar hinter ihrem Bürgerschaftswahlergebnis (39,2 Prozent) von 2020 zurück, wären aber weiter stärkste Partei. Die Grünen kämen momentan auf 21 Prozent und würden ebenfalls ihr letztes Bürgerschaftswahlergebnis (24,2 Prozent) verfehlen. Auf der Oppositionsseite verbessert sich vor allem die CDU, die sich mit 20 Prozent deutlich über ihrem Wahlergebnis (11,2 Prozent) bewegt. Auch die AfD legt im Vergleich zur vergangenen Bürgerschaftswahl (5,3 Prozent) an Zuspruch zu und würde derzeit 9 Prozent erzielen. Die Linke dagegen liegt mit 7 Prozent schlechter als zuletzt (9,1 Prozent). Die FDP müsste mit 5 Prozent wieder um den Einzug in Fraktionsstärke bangen. Alle übrigen Parteien kämen zusammen auf 8 Prozent.
Rot-grüne Senatsarbeit wird schlechter bewertet
Bei einem Wahlausgang gemäß der aktuellen landespolitischen Stimmung könnten SPD und Grüne in Hamburg weiterregieren, die gemeinsame Mehrheit würde jedoch nicht so groß ausfallen wie vor vier Jahren. Im Vergleich zu 2020 ist die Regierungszufriedenheit in Hamburg gesunken. Damals überzeugten die rot-grünen Senatsleistungen etwa zwei Drittel der Wahlberechtigten. Dagegen kommt jetzt nur knapp die Hälfte von ihnen (48 Prozent) zu einer positiven Bewertung, ebenso viele (48 Prozent) üben Kritik. Im Popularitätsvergleich der Landesregierungen bewegt sich der Hamburger Senat damit weiter im vorderen Feld, unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen tun sich die Regierungen in vielen Bundesländern schwer, zu punkten.
Nach wie vor mehrheitlich überzeugt sind von der Regierungsarbeit die Anhänger und Anhängerinnen der beiden Koalitionsparteien SPD (80 Prozent) und Grüne (85 Prozent). Dagegen überwiegt in den Reihen von Linken (36:60 Prozent), FDP (36:56 Prozent) und CDU (25:74 Prozent) mehrheitlich die Unzufriedenheit mit dem Hamburger Regierungskurs. Das AfD-Wählermilieu geht faktisch geschlossen auf Distanz (1:99 Prozent).
Wie die Gesamtbewertung des Kabinetts fällt auch das Einzelurteil zu den Regierungsleistungen der beiden Senatsparteien schlechter aus als 2020. Mit der Senatsarbeit der SPD sind derzeit 43 Prozent der Hamburger Wahlberechtigten zufrieden statt 59 Prozent wie vor vier Jahren. Die Leistungen der Grünen im Senat finden bei knapp einem Drittel (31 Prozent) Zuspruch, nach 51 Prozent vor vier Jahren. Allerdings sorgt auch eine mögliche Regierungsbeteiligung der Hamburger CDU derzeit nur für begrenzte Euphorie: Für 39 Prozent der Wahlberechtigten, darunter neben den Unions-Wählern und -Wählerinnen insbesondere Anhänger und Anhängerinnen von FDP und AfD, wäre ein CDU-Senatseintritt positiv für die Stadt, jeder oder jede Zweite (51 Prozent) rechnet dagegen mit negativen Folgen.
Sympathieverluste für Spitzen des Senats
Einen entscheidenden Anteil am Abschneiden der Sozialdemokraten vor vier Jahren hatte Peter Tschentscher. Der SPD-Bürgermeister führt auch derzeit die Liste der populärsten Landespolitiker und -politikerinnen in Hamburg mit deutlichem Vorsprung an. Mit 55 Prozent (-12) bleibt sein persönlicher Zuspruch in der Stadt jedoch hinter dem bei der Bürgerschaftswahl zurück. Ebenfalls Sympathieverluste im Vergleich zu 2020 verbucht seine Stellvertreterin im Senat, Katharina Fegebank (Grüne), zu der sich 36 Prozent (-14) wohlwollend äußern.
Von den Spitzen der Oppositionsparteien schneidet Cansu Özdemir am besten ab. Die Fraktionsvorsitzende der Linken in der Bürgerschaft überzeugt 28 Prozent (-6) der Wahlberechtigten, auch sie knüpft damit nicht an ihre Bewertung vom Februar 2020 an. Hinter ihr folgt im Bevölkerungsurteil Dennis Thering von der CDU. Der CDU-Fraktionsvorsitzende, der seit 2023 auch den Landesvorsitz seiner Partei innehat, erzielt einen Zuspruch von 20 Prozent, ist aber bislang gut jedem oder jeder zweiten Hamburger oder Hamburgerin kein Begriff. Mit ähnlichen Bekanntheitsproblemen ist auch Anna von Treuenfels konfrontiert, Spitzenkandidatin der Liberalen 2020. Mit ihrer Arbeit sind kaum verändert zur Bürgerschaftswahl 13 Prozent (-2) zufrieden. Schlusslicht im Politikerranking bildet wie im Februar 2020 Dirk Nockemann von der AfD mit einem Zuspruch von 10 Prozent (-1), auch er ist gut jedem oder jeder Zweiten in Hamburg kein Begriff.
Die Hälfte ist beunruhigt
Die vielen Krisen momentan hinterlassen Spuren in der Grundstimmung der Bürgerinnen und Bürger - auch bei den Wahlberechtigten in Hamburg. Für jede Zweite oder jeden Zweiten (51 Prozent; +21 im Vergleich zu 2020) bieten die derzeitigen Verhältnisse im Bundesland Anlass zur Beunruhigung, während vier von zehn (41 Prozent; -21) mit Zuversicht auf die aktuellen Gegebenheiten in der Stadt schauen. Damit fällt das gegenwärtige Meinungsbild an der Alster deutlich anders aus als Anfang 2020 zu Beginn des damaligen Bürgerschaftswahljahres. Damals gelangten in Hamburg sechs von zehn zu einem positivem Urteil, drei von zehn äußerten sich pessimistisch.
Wie vor vier Jahren überwiegt ein zuversichtlicher Blick auch jetzt bei den Anhängerinnen und Anhängern der SPD (60:34 Prozent) und Grünen (66:28 Prozent). Während aber damals eine kritische Sicht auf die Situation nur in den Reihen der AfD dominierte, werden jetzt die Verhältnisse in der Stadt auch in den Reihen von CDU (29:64 Prozent), Linken (30:61 Prozent) und FDP (23:58 Prozent) mehrheitlich kritisch gesehen.
Positives Sicherheitsgefühl überwiegt in Hamburg
Teile der Bürgerschaftsopposition haben zuletzt das Thema Innere Sicherheit auf die Tagesordnung gesetzt. Unter den Hamburgern und Hamburgerinnen selbst überwiegt aber alles in allem ein eher positives Sicherheitsgefühl. Sieben von zehn (70 Prozent) geben an, sich in Hamburg im öffentlichen Raum oder auch bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel sehr (15 Prozent) oder eher sicher (55 Prozent) zu fühlen. Drei von zehn Hamburgern und Hamburgerinnen (28 Prozent) signalisieren dagegen, sich dort mit einem eher unguten Gefühl aufzuhalten, darunter sechs von zehn AfD-Anhängern und -Anhängerinnen (61 Prozent) und auch gut vier von zehn CDU-Wählern und -Wählerinnen (43 Prozent).
Mehrheit sieht Rechtsextremismus als große Gefahr
Wie in vielen deutschen Städten finden derzeit auch in Hamburg Großdemonstrationen gegen Rechtsextremismus statt. Auslöser für diese Proteste ist ein Bericht über Pläne zu umfangreichen Abschiebungen von Personen mit Migrationshintergrund, diskutiert bei einem Geheimtreffen rechter politischer Kreise. In Hamburg sieht mit 76 Prozent eine große Mehrheit aktuell im Rechtsextremismus eine sehr große oder große Gefahr für die Demokratie in Deutschland. Ein gutes Fünftel (22 Prozent) stellt dies in Zweifel. Die Einschätzung einer größeren Gefährdung durch den Rechtsextremismus zieht sich in Hamburg durch alle Bevölkerungsgruppen und auch alle Wählermilieus. Allein die AfD-Anhänger und -Anhängerinnen (8:84 Prozent) folgen dieser Sichtweise mehrheitlich nicht.