Kommentar: Mehr Respekt für Hamburgs Kommunalpolitiker
Am Sonntag wird ein neues Europa-Parlament gewählt. In Hamburg werden dann auch die sieben Bezirksversammlungen neu gewählt. Sie stehen zwar nicht oft im Rampenlicht, sind aber ein wichtiger Baustein unserer Demokratie, meint Oliver Wutke in seinem Kommentar.
Wer sich in der Freizeit für seine Mitmenschen einsetzt, sollte dafür eigentlich Dank und Anerkennung bekommen. Viele Hamburger Ehrenamtliche erleben das auch. Sie bringen in kalten Winternächten warme Kleidung zu Obdachlosen. Sie retten Leben bei der Freiwilligen Feuerwehr, trainieren Jugendmannschaften oder erledigen den Einkauf für ältere Nachbarinnen und Nachbarn. Die Liste der guten Taten ist schier unendlich. Und diese Taten sind der Kitt, der unsere Stadt zusammenhält. Ich wünschte mir mehr Dank und Anerkennung aber auch für eine Gruppe, die ziemlich selten Lob bekommt und die zuletzt sogar immer öfter angefeindet wurde, nämlich Hamburgs ehrenamtliche Kommunalpolitikerinnen und -politiker.
Alltagsarbeit im Maschinenraum der Demokratie
Am Sonntag können wir sie wieder wählen, die Mitglieder der sieben Hamburger Bezirksversammlungen. Und wahrscheinlich haben Sie zu Hause auch dieses Heft mit den Listen der Kandidatinnen und Kandidaten der Parteien, auf die wir unsere zehn Stimmen verteilen können. Ganz ehrlich: Ich kenne da kaum jemanden. Und trotzdem bin ich all diesen 1.700 Unbekannten dankbar. Denn mit ihrer Kandidatur erklären sie sich bereit, unzählige Abende in Versammlungen oder Ausschüssen zu verbringen. Sie beraten und entscheiden über neue Geräte für den Spielplatz, den Zebrastreifen vor dem Altenheim, den neuen Bebauungsplan oder ein bisschen Sondergeld für eine Jugendgruppe oder die Stadtteilkultur. Das ist nicht immer große Politik. Das ist meistens Alltagsarbeit im Maschinenraum unserer Demokratie - oft sogar über Parteigrenzen hinweg. Und ich finde: Wer diese Arbeit leistet, verdient dafür Respekt - und keine Beschimpfungen! Es sind nicht "die da oben" oder "die Politiker", die in Hamburg über die vielen kleinen Angelegenheiten in der Nachbarschaft entscheiden. Es sind tatsächlich engagierte Bürgerinnen und Bürger, die sich in ein Ehrenamt wählen lassen.
Demokratie braucht Wählende
Ich persönlich hoffe auch, dass es bei dieser Ehrenamtlichkeit bleibt. Denn es gibt Bestrebungen, die Aufwandsentschädigung für Bezirksabgeordnete deutlich anzuheben - von derzeit über 500 Euro auf knapp das Doppelte, zuzüglich Sitzungsgeld. Das wäre dann aber schon sehr nah dran an einem ganz normal bezahlten Teilzeitjob. Das wären halbe Profipolitiker und -politikerinnen statt engagierter Bürgerinnen und Bürger. Ich finde, das wäre schade. Denn unserer Demokratie und ihrer Glaubwürdigkeit tut gerade die Mischung gut zwischen bezahlten Vollzeitprofis und engagierten Ehrenamtlerinnen und -amtlern. Aber vor allem braucht eine gute Demokratie uns, die Wählerinnen und Wähler!