Jahresrückblick 2023, Teil 1: Amoklauf in Hamburg-Alsterdorf
Im März 2023 tötet ein Mann sieben Mitglieder einer Gemeinde der Zeugen Jehovas in Hamburg-Alsterdorf und sich selbst. Es ist eine Tat, die Hamburg erschüttert und eine Diskussion über das Waffenrecht auslöst. Erster Teil des Rückblicks auf die wichtigsten Nachrichten des vergangenen Jahres.
9. März an der Straße Deelböge in Alsterdorf: Gegen 21 Uhr stürmt der 35-jährige Philipp F. das Gemeindezentrum der Zeugen Jehovas und erschießt dort sieben Menschen, darunter ein ungeborenes Kind.
Bei Feuerwehr und Polizei gehen ab 21:04 Uhr 47 Notrufe ein. Schon vier Minuten später rücken schwer bewaffnete Polizistinnen und Polizisten an. Philipp F. flüchtet in ein Obergeschoss und erschießt sich dort. Die Bilder der Nacht gehen um die Welt. Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) sagt am nächsten Tag: "Das ist das schlimmste Verbrechen in der jüngeren Geschichte unser Stadt".
Ortsbesuch nach sieben Monaten
Ortsbesuch in Alsterdorf, sieben Monate später. Michael Kern war am 9. März als Leitender Notarzt im Einsatz. Er organisierte den Transport der Schwerverletzten und hat das Erlebte noch klar vor Augen, wie ein Rettungswagen nach dem anderen mit den Verletzten in verschiedene Krankenhäuser geschickt wurde: "Was uns erschüttert hat, war die Schwere der Verletzungen - wenn wir überlegen, dass wir mehr Tote als Verletzte hatten und eigentlich Glück hatten, dass die Polizei mit ihren Sondereinheiten so schnell vor Ort war." Er weiß: Es hätte noch viel schlimmer ausgehen können, wenn die Polizei erst später eingetroffen wäre.
Seelsorgeteams für die Polizei
Es war eine Extremsituation, auch für erfahrene Kräfte wie ihn. Zunächst war nicht klar, ob Philipp F. allein gehandelt hatte. Auch deshalb waren über 950 Polizeikräfte im Einsatz. Darunter war auch ein Team für erschwerte Einsatzlagen. Lars Eggers war am 9. März Leiter dieser USE (Unterstützungsstreife für erschwerte Einsatzlagen) genannten Einheit. Sie trainiert täglich für Extremsituationen. Dazu gehört auch die Aufarbeitung nach dem Einsatz, so Eggers: "Wichtig ist für mich, dass wir großen Jungs gelernt haben, über Schwächen zu sprechen", auch darüber was im Kopf gerade los sei. Die Aufarbeitung des Einsatzes auch mit Profis aus der Notfallseelsorge und im Team untereinander habe am Einsatzort und in Tagen danach stattgefunden.
Hinweise führten nicht Entzug der Waffenbesitzkarte
Mehrere Hinweise an die Behörden zum mentalen Zustand von Philipp F. und dessen Waffentauglichkeit hatten im Vorfeld trotz einer Kontrolle durch Hamburger Beamtinnen und Beamte nicht zum Entzug seiner Waffenbesitzkarte geführt. Auch die Frage, warum der Täter hunderte Schuss Munition besitzen durfte, wurde kontrovers diskutiert. Eine nach dem Amoklauf von SPD-Innensenator Grote angekündigte Reform der Sicherheitsbehörden wurde bisher nur in Teilen vollzogen.