Hamburgs Grüne bezeichnen die Elbvertiefung als gescheitert
Der Schlick in der Elbe stellt die rot-grüne Koalition in Hamburg vor eine Belastungsprobe. "Die Elbvertiefung ist eindeutig und endgültig gescheitert", findet Grünen-Co-Fraktionschef Dominik Lorenzen. Denn: Nur wenige Monate nach Abschluss der Elbvertiefung können Schiffe mit großem Tiefgang nicht mehr nach Hamburg kommen.
Weitermachen wie bisher gehe nicht, sagt Lorenzen. Und er fügt hinzu: Die Klimakrise für das Scheitern der neunten Fahrrinnenanpassung verantwortlich zu machen, greife viel zu kurz. Der Grünen-Co-Fraktionschef wörtlich: "Das Projekt Elbvertiefung selbst ist das Problem".
SPD sieht Elbvertiefung nicht als gescheitert an
Ein Affront gegenüber dem Koalitionspartner SPD. In ihrem Koalitionsvertrag hatten sich beide Parteien 2020 darauf geeinigt, dass die Elbvertiefung trotz unterschiedlicher Ansichten umgesetzt wird. SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf verweist deshalb auch auf den Vertrag mit den Grünen. Er widerspricht dem Koalitionspartner und sagt: Die Elbvertiefung sei nicht gescheitert. Schadenfreude sei unangemessen, mit Blick auf die Grünen.
"Grüne haben eine Politik der Deindustrialisierung"
Gleichzeitig wirft Kienscherf den Grünen im Bund und teilweise auch in Hamburg eine Politik der Deindustrialisierung vor. Es gebe eine breite grüne Front gegen den Hamburger Hafen, sagt er. Die Auswirkungen für die Beschäftigten seien verheerend. Gleichzeitig appelliert der SPD-Fraktionschef an den Bund, mehr in der Elbe zu baggern.
CDU fordert Tschentscher zum Handeln auf
Götz Wiese appelliert unterdessen an den Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), sich einzuschalten und den Senat zum Handeln zu bringen. Die Hafenwirtschaft und der Hafenbetreiber HHLA fordern unterdessen rasche Lösungen. Man erwarte, wie auch die SPD, dass besonders der Bund seine Verpflichtung einhält, die Fahrrinne der Elbe tief genug zu halten, so ein HHLA-Sprecher.
Fahrrinne wieder viel flacher als direkt nach der Elbvertiefung
Hintergrund des Streits ist, dass es weiter große Probleme mit dem Schlick in der Elbe bei Hamburg gibt. Knapp 30 Millionen Kubikmeter Schlick und Sand waren für die letzte Elbvertiefung aus dem Fluss geholt worden. Anfang des Jahres war die vertiefte und verbreiterte Fahrrinne dann offiziell freigegeben worden. Und schon jetzt ist die Fahrrinne bei Weitem nicht mehr so tief wie nach Abschluss der Elbvertiefung. Und das bleibt wohl auch länger so, wie "Die Zeit" berichtet.
Seither sind laut Wasser- und Schifffahrtsverwaltung noch einmal etwa 26 Millionen Kubikmeter gebaggert worden - deutlich mehr als je zuvor. Aber auch das reicht nicht aus, unter anderem weil die neu geschaffenen Böschungen unter Wasser immer wieder abbrechen. Jetzt soll Hamburg dem Bund mit einem zusätzlichen Baggerschiff aushelfen.
Große Containerschiffe kommen nicht in den Hamburger Hafen
Hans-Heinrich Witte, Chef der Schifffahrtsverwaltung sagte der "Zeit", bis die Elbe wieder vollständig auf Tiefe sei, werde es drei bis fünf Jahre dauern. Das bedeutet, dass Schiffe mit größerem Tiefgang den Hamburger Hafen wahrscheinlich erst 2025, vielleicht aber auch erst 2027 wieder anlaufen können. Probleme gibt es auch deshalb, weil sich breite Schiffe auf der Elbe derzeit schlechter ausweichen beziehungsweise begegnen können. Die sogenannte Begegnungsbox zwischen Hamburg-Blankenese und Wedel ist aktuell nicht mehr als 100 Meter breit, sondern nur noch gut 90 Meter.
Kosten belaufen sich auf rund 800 Millionen Euro
Seit Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Elbe bereits mehrfach den Anforderungen der Schifffahrt angepasst, zuletzt 1999. Diesmal wurde der Fluss so ausgebaggert, dass auf ihm Schiffe mit einem Tiefgang von 13,50 Meter unabhängig von Ebbe und Flut fahren können. Tideabhängig soll die Elbe für Schiffe mit einem Tiefgang von maximal 14,50 Metern passierbar sein. Die Kosten für die Elbvertiefung werden auf rund 800 Millionen Euro geschätzt.