Polizei bereitet sich auf Aktionen der "Letzten Generation" vor
Die Hamburger Polizei bereitet sich auf mögliche Aktionen der Gruppe "Letzte Generation" vor, die diese für die kommende Woche angekündigt hatte. Innensenator Andy Grote (SPD) erklärte, die Beamten und Beamtinnen würden bei Straftaten konsequent einschreiten.
"Bei allem Verständnis für Engagement im Klimaschutz - der Versuch einzelner, einer demokratisch gewählten Regierung ihren Willen aufzuzwingen, ist zutiefst undemokratisch und kann nie legitim sein", sagte Grote am Mittwoch. Ein demokratischer Staat dürfe sich nicht durch Drohungen in seinem Handeln beeinflussen lassen, ergänzte er.
Nach der Überprüfung durch die Innenbehörde beschäftigt sich inzwischen die Staatsanwaltschaft mit einem Schreiben der "Letzten Generation". In Betracht komme hier insbesondere der Paragraf 106 Strafgesetzbuch, Nötigung von Mitgliedern eines Verfassungsorgans.
Aktivisten kündigen "maximale Störung" an
Die Gruppe hatte Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und mehreren Fraktionsvorsitzenden der Bürgerschaft in einem Brief ein Ultimatum gesetzt. Sie forderte darin, dass die Stadt einen sogenannten Gesellschaftsrat zur Lösung der Klimakrise einsetzt. Andernfalls wollen die Aktivisten und Aktivistinnen ab dem kommenden Dienstag "für eine maximale Störung der öffentlichen Ordnung" sorgen, hieß es in dem Schreiben. Wie der Protest genau aussehen solle, schrieb die Gruppe nicht, versicherte aber, dass er gewaltfrei und diszipliniert sein werde.
Zusätzliche Einsatzkräfte werden bereitgehalten
Ob die Aktivistinnen und Aktivisten in der kommenden Woche wieder Straßen sperren oder sich an Gebäuden festkleben, ist der Polizei nicht bekannt. Man werde zur Unterstützung zusätzliche Einsatzkräfte bereithalten, heißt es. Die Vorbereitungen auf den Polizeieinsatz laufen.
Unverständnis beim Senat
Der Hamburger Senat hatte die Drohungen der "Letzten Generation" zurückgewiesen. Tschentscher halte ein solches Vorgehen für nicht vertretbar, sagte ein Senatssprecher am Dienstag. Auch werde der Bürgermeister mit den Initiatoren und Initiatorinnen keine Gespräche führen oder Vereinbarungen treffen.
Fegebank: Erpresser-Keule schwingen nicht zielführend
Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) kontert, auch der Senat wolle auf den 1,5, Grad-Pfad von Paris kommen: "Gerade mit Blick auf das, was in Berlin passiert und was wir hier auf den Weg gebracht haben, mit Klimaplan und Klimaschutzgesetz. Es tut sich hier sehr viel und jetzt mit solchen Maßnahmen zu drohen und so eine Erpresser-Keule zu schwingen, das finde ich nicht zielführend. Ich glaube, dass da der Sache Klimaschutz voranzubringen ein echter Bärendienst erwiesen wird."
Kritik von SPD und den Grünen
Auch die Hamburger Politik äußerte sich kritisch. SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf sagte, er habe kein Verständnis für Drohungen oder Ultimaten, gerade gegenüber demokratisch gewählten Abgeordneten und Parlamenten. Er warf der Gruppe vor, dem Umweltschutz eher zu schaden, wenn grundsätzlich aufgeschlossene Menschen mit Störaktionen gegen Maßnahmen aufgebracht würden. Klimaschutz sei nur möglich, wenn man alle Bürger mitnehme. Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) zeigte ebenfalls kein Verständnis für die Drohung. "Erpressungsversuche dieser Art erweisen dem wichtigen Kampf gegen die Klimakrise einen Bärendienst", so die Grünen-Politikerin. Außerdem warnte sie vor einer Spaltung der Gesellschaft. "Wir brauchen weiterhin einen breit getragenen gesellschaftlichen Konsens für den Klimaschutz."
CDU und AfD sprechen von Erpressung
Auch der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Dennis Thering, sprach von "Erpressung". "Dieses Vorgehen zeugt von einem gefährlichen Demokratieverständnis der 'Letzten Generation'", die sich mit dem Schreiben vollends disqualifiziere. "Wer Straftaten begeht und weitere androht, muss die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekommen." Er lasse sich nicht erpressen, "schon gar nicht von derartigen Querulanten". AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann, der als einziger Fraktionsvorsitzender nicht angeschrieben worden war, sprach ebenfalls von einer erpresserischen Kriegserklärung an Demokratie und Rechtsstaat.
Linke: Gewähltes Vorgehen schädigt demokratischen Diskurs
Stephan Jersch, umweltpolitischer Sprecher der Linksfraktion, stellte fest, dass die Klimakatastrophe längst da sei und verstand, dass auch in Hamburg klimabewegte Menschen wegen zu wenigen Maßnahmen verzweifeln. Dennoch würde ein solches Ultimatum "keine demokratischen Mehrheiten bewerkstelligen und auch kein Verständnis für notwendige Änderungen in unser aller Leben wecken".