Hamburg setzt Gebührenregelung für verspätete Nachtflüge aus
Rund um den Hamburger Flughafen wird es am späten Abend wohl wieder lauter. Das befürchtet der für Lärmschutz zuständige Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne). Die bisher geltende Verspätungsregelung ist offenbar nicht rechtens.
Ab sofort müssen Fluggesellschaften keine Gebühren oder Bußgelder mehr für verspätete Nachtflüge nach 23 Uhr in Hamburg zahlen. Für die aus Lärmschutzgründen eingeführte Regelung gebe es laut einem Hinweisbeschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg keine Rechtsgrundlage, sagte Kerstan am Mittwoch. Für den Lärmschutz sei dies ein Rückschlag, denn damit fehle nun ein Druckmittel zur Einhaltung des Nachtflugverbots gegen die Airlines. Kerstan fürchtet, dass diese bis Mitternacht nun kaum mehr Rücksicht nehmen werden und die Lärmbelastung für Anwohnerinnen und Anwohner spätabends zunehmen wird.
Bisher Gebühren und Bußgelder für zu späte Flüge
Zum Schutz vor Fluglärm gilt in Hamburg zwischen 23 und 6 Uhr ein Nachtflugverbot. Verspätete Flugzeuge dürfen aber auch zwischen 23 Uhr und Mitternacht starten und landen, wenn die Verspätung nachweislich unvermeidbar war. Passagierflüge nach Mitternacht sind nur mit einer Einzelausnahmegenehmigung erlaubt. Für die Prüfung der Unvermeidbarkeit mussten Fluggesellschaften, deren Maschinen zwischen 23 Uhr und Mitternacht starteten oder landeten, bisher 500 Euro zahlen. Waren die Flüge vermeidbar, drohte ein Bußgeld.
Rechtsgrundlage für Verspätungsregelung fehlte
Gegen diese Regelung hatten die Fluggesellschaften Lufthansa und Condor vor dem Verwaltungsgericht geklagt. Und Kerstan zufolge hat das Gericht nun darauf hingewiesen, dass für die Verspätungsregelung, die den Betrieb schon vor Mitternacht einschränke, die Rechtsgrundlage fehle. Daraufhin habe sich die für Lärmschutz zuständige Umweltbehörde entschieden, das Gerichtsverfahren nicht weiter zu verfolgen.
Davon unberührt bleiben die Nachtzuschläge, die der Flughafen von Airlines fordert und die höher ausfallen als die Gebühren für die Unvermeidbarkeitsprüfung bei Verspätungen. So werden nach Angaben des Airports je nach Uhrzeit und Tonnage des Fliegers bis zu 700 Prozent Nachtzuschlag auf das Start-, Lande- und Lärmentgelt fällig.
Kerstan will mehr Ausnahmegenehmigungen
Die restriktive Lärmschutzregelung für Hamburg sei auch weiterhin nötig, so Kerstan. "Da uns der Weg über Gebühren nun verwehrt ist, müssen wir andere Wege gehen", sagte er. Sein Ziel sei, Starts und Landungen schon ab 23 Uhr nur noch mit Ausnahmegenehmigungen zu erlauben. Er kündigte entsprechende Gespräche im Senat und mit der Wirtschaftsbehörde an, die für den Flughafen zuständig ist.
Nach einem Einbruch während der Corona-Pandemie hatte sich die Zahl der Nachtflugverspätungen zuletzt wieder deutlich erhöht. 2023 gab es laut Umweltbehörde 809 Verspätungen bei insgesamt 120.000 Flugbewegungen am Flughafen Hamburg. Im Vor-Corona-Jahr 2019 waren es 678 Verspätungen bei 155.000 Flugbewegungen.