Stand: 17.10.2017 18:27 Uhr

Elbvertiefung: Kleine Häfen versinken im Schlick

von Alexa Höber

Wenn Claus Zeeck gemeinsam mit seinem Bruder Harald frühmorgens die Netze auf der Elbe einholt, dann war es zuletzt meistens ein schlechter Fang. Den beiden Fischern fällt das schon länger auf, dass die Elbe viel trüber aussieht als noch vor einigen Jahren. Es treibe einfach zu viel Sediment im Wasser. "Die Verschlickung geht von Hamburg bis runter nach Cuxhaven. Jedes Nebengewässer, jeder Priel, jeder Nebenfluss wird flacher", sagt Claus Zeeck. Die beiden Fischer fangen vor allem weniger Stint.

Weniger Sauerstoff - weniger Fisch

VIDEO: Elbe: Kleine Häfen versinken im Schlick (7 Min)

Claus Zeeck, Elbfischer. © NDR
Elbfischer Claus Zeeck fängt immer weniger.

Seit der letzten Elbvertiefung vor 18 Jahren fließt das Wasser schneller, wodurch der Fluss immer mehr Sediment mit sich reißt. Das Wasser hat dadurch weniger Sauerstoff und wirkt sich entsprechend negativ auf die Fischpopulation aus, was für die Brüder zunehmend zum Existenzproblem wird.

Die Elbe verschlickt und der Kampf dagegen macht das Problem nicht kleiner, sondern größer. Denn damit die großen Containerschiffe in der Elbe nicht stecken bleiben, muss ausgebaggert werden. Der Schlick wird dabei aus dem Hafenbecken transportiert und direkt an der Grenze zu Schleswig-Holstein abgelassen. Das Ergebnis ist noch mehr trübes Wasser - ein Teufelskreis.

"Das Problem ist, dass bei der Umlagerung zwangsweise sehr viel von dem Sediment aufgewirbelt wird, sowohl bei der Ausbaggerung als auch anschließend beim Abladen“, erklärt Mathias Reinighaus von der Hochschule für anwandte Wissenschaften in Hamburg den Vorgang.

Gefahr für Naturschutzgebiete

Belasteter Hafenschlick gefährdet auch Naturschutzgebiete. © NDR Foto: Julian Feldmann
Belasteter Hafenschlick gefährdet auch Naturschutzgebiete.

Und dort, wo der Schlick regelmäßig abgeladen wird, liegen drei Naturschutzgebiete: Die Insel Neßsand, das Naturschutzgebiet Wittenbergen und das Süßwasserwatt Mühlenberger Loch. Wir haben an der Abkippstelle Proben genommen: Das Sediment dort ist belastet mit Schadstoffen wie dem Insektizid DDT und dem problematischen Weichmacher PCB. Stoffe, die schon seit Jahrzehnten verboten sind. Auch giftiges Quecksilber findet sich hier. Allein im vergangenen Jahr wurden an dieser Stelle 3,3 Tonnen Quecksilber abgeladen.

Die ständige Baggerei organisiert die Hamburg Port Authority (HPA). Im Auftrag der Stadt. Wenn man wissen will, ob die Baggerei Auswirkungen auf die Umwelt hat, muss man allerdings auch die Hamburg Port Authority fragen. Sie macht also beides. Baggern und prüfen, ob das schädlich für die Umwelt ist. Die letzte umfassende Untersuchung hat die Hamburg Port Authority allerdings vor 15 Jahren in Auftrag gegeben. Bis heute bleiben viele Fragen offen. Die HPA sieht aber keine Probleme für Fische und Umwelt.

Mehr Sediment in kleinen Häfen

Die Fischer hingegen sorgen sich um ihre Zukunft. Und Nordeuropas größter Yachthafen in Wedel ebenso. Denn das Sediment treibt dort ins nahegelegene Hafenbecken und es wird jedes Jahr mehr. Ingenieur Klaas Schlenkermann hat die Mengen exakt ausgewertet. "Wir haben im letzten Jahr mehr Sedimenteintrag gehabt als in jedem Jahr zuvor", erzählt er. "In der Zufahrt zu den Werften haben wir bis zu 2,50 Meter Sedimenteintrag gemessen."

Die Werft, die sich ebenfalls im Yachthafen befindet, ist auch von dem zunehmenden Schlick betroffen. Obwohl die Segelboote keinen besonders großen Tiefgang haben, hatten Segler in der Vergangenheit Schwierigkeiten, den Werftstieg zu erreichen. Denn für die Schiffe wird die Zufahrt immer flacher. Auch hier musste der Schlick entfernt werden.

Widersinniger Schlickfond

Auch der Vorsitzende des Segelvereins Borsfleth, Ludger Walterbusch, sieht der Entwicklung stirnrunzelnd entgegen. Denn im Gegenteil zu den Fahrrinnen für die großen Schiffe, müssen die kleinen Jachthäfen die Kosten selbst tragen. "Diese Unterhaltungsbaggerungen waren früher in Intervallen von 2-3 Jahren", so Walterbusch. "Mittlerweile müssen wir jährlich baggern und perspektivisch ist das ein Finanzvolumen, das wir auf keinen Fall aus eigener Kraft leisten oder schaffen können."

Zwar gibt es bei der Stadt Hamburg einen sogenannten "Schlickfond" für kleinere Häfen, aber der ist an eine widersinnige Bedingung geknüpft. Das Geld soll erst gezahlt werden, wenn die nächste Elbvertiefung abgeschlossen ist. Darüber hinaus bringt die nächste Elbvertiefung höchstwahrscheinlich noch mehr Schlick in die kleinen Häfen. Die Segler befürchten, dass bis dahin dann das Geld ohnehin nicht mehr reicht allen Betroffenen zu helfen. Und das Problem mit dem Schlick ist dadurch auch nicht gelöst.

 

Weitere Informationen
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Dieses Thema im Programm:

Panorama 3 | 17.10.2017 | 21:15 Uhr

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