Astrid Hermann: "Warte nicht, bis du perfekt bist"
Astrid Hermann ist eine von drei Vorständinnen bei Beiersdorf in Hamburg. In Unternehmen in den USA hatte sie viele weibliche Vorbilder - denen wollte sie nacheifern. Als sie aus den USA zurückkam, war sie erstaunt, welch große Rolle das Geschlecht in den deutschen Unternehmen spielt.
Ein Abend in Hamburg - in einem separaten Raum eines schicken Restaurants in Eimsbüttel kommen 15 Frauen zusammen. Es geht ums Netzwerken und ums Vorankommen in dem Unternehmen, in dem sie alle arbeiten: dem Hamburger DAX-Konzern Beiersdorf, bekannt für Marken wie Nivea oder Eucerin.
"Wenn du wartest, bist du perfekt bist, hast du zu lange gewartet"
Astrid Hermann hat es in diesem Unternehmen nach ganz oben geschafft - sie ist seit vier Jahren Finanzvorständin und gibt an diesem Abend Tipps wie diesen - auf Englisch, weil die Frauen aus aller Welt kommen: "Wenn du wartest, bis du perfekt bist - dann hast du zu lange gewartet. Dann bist du zu spät. Das sollten wir alle beherzigen."
Man hört es der 51-Jährigen auch an, wenn sie Deutsch spricht: Sie hat zwei Jahrzehnte ihres Lebens in Unternehmen in den USA gearbeitet. "Meine ersten Bereichsleiter waren alles Finance-Direktorinnen. Ich habe nach oben gesehen und ich habe Frauen gesehen - Frauen, die Familien hatten, die ich super cool fand, die ihren Job gemanagt haben, die eine Ausstrahlung hatten - und ich wusste innerhalb von Wochen: Das möchte ich auch werden."
Frau sein spielt in Deutschland eine zu große Rolle
Und der Plan ging auf. Mehrmals wechselte Astrid Hermann, die in Rumänien geboren und in Deutschland aufgewachsen ist, die Unternehmen. Zuletzt verantwortete sie den Finanzbereich für das Nordamerika-Geschäft eines großen amerikanischen Konsumgüterkonzerns. In den USA habe sie nie zu spüren bekommen, dass sie eine Frau ist, sagt Hermann - bis sie ins Top-Management aufstieg und Vice President wurde - also direkt unter der Geschäftsführung arbeitete. "Und da hat man ganz anders über weibliche Talente gesprochen als über männliche. Bei einem Mann kam Familie nie ins Gespräch. Bei einer Frau hat man gesagt: 'Naja, kann sie das denn, wird sie das managen können?'"
Diese Diskussionen erlebte die Mutter von zwei Kindern dann auch in Hamburg, wohin sie vor vier Jahren zog, um für Beiersdorf zu arbeiten. Nur, dass die Diskussionen hier schon viel früher begannen, also nicht erst, wenn es um Jobs im Top-Management ging. "Und da war ich schon sehr erstaunt."
Beiersdorf: Jede zweite Führungskraft ist eine Frau
Seitdem ist viel passiert bei Beiersdorf - vorangetrieben vom Vorstandsvorsitzenden Vincent Warnery, aber auch von Frauen wie Astrid Hermann. Mittlerweile sitzen neben Hermann noch zwei weitere Frauen im siebenköpfigen Vorstand des Unternehmens. Und auch bei den Führungspositionen weltweit ist das vor einigen Jahren gesteckte Ziel von 50 Prozent Frauenanteil erreicht. "Es ist auch nicht so, dass wir sagen: Ah, wir haben diesen Frauen eine Chance gegeben, aber sie schaffen's nicht. Sie machen wirklich einen super Job."
Dass Beiersdorf Vorreiter ist, sieht auch Wiebke Ankersen so, sie ist Geschäftsführerin der gemeinnützigen Allbright Stiftung, die sich für mehr Frauen in der Wirtschaft einsetzt. "Beiersdorf ist tatsächlich eines von den wenigen Groß-Unternehmen, die schon ein ausgewogenes Verhältnis im Vorstand haben. Sie arbeiten seit vielen Jahren aktiv daran, auch mit den Vätern im Unternehmen. Es gibt ein ganz klares strategisches Ziel: Chancengleichheit, gemischte Führung... Das ist tatsächlich eines der guten Beispiele, die wir gerne nennen."
Astrid Hermanns Tipp für weibliche Nachwuchskräfte: Seid neugierig, lernt viel, seid bereit für neue Herausforderungen. Und dann noch das hier: den richtigen Mann zu heiraten - nämlich den, der mitmacht. Im Haushalt und bei der Kinderbetreuung.
