neue musik
Dienstag, 26. März 2024, 21:00 bis
22:00 Uhr
Es ist erst einige Wochen her: Im Februar wurde in Regensburg die deutsche Fassung der Oper "Valuschka" von Peter Eötvös uraufgeführt, ein Werk über Macht und ihren Missbrauch, das für einige Aufmerksamkeit gesorgt hat. Die Oper wurde auch als Warnung vor Extremismus interpretiert. Eigentlich sollte Eötvös dirigieren. Eine schwere Krankheit hielt ihn davon ab. Apropos Aufmerksamkeit. Der in Gesprächen immer zugewandt und zurückhaltend wirkende ungarische Komponist und Dirigent sagte einmal: "Ich hatte das Glück, dass die Musikwelt auf mich aufmerksam geworden ist, von da an erhielt ich einen Auftrag nach dem anderen." Die Rede ist von seiner 1998 in Lyon uraufgeführten Oper "Drei Schwestern" für drei Countertenöre nach Anton Tschechows meistgespieltem Drama. Sie bedeutete den internationalen Durchbruch, es sollten vor allem in Deutschland und Österreich zahlreiche Aufführungen seiner Werke folgen.
"Ich versuche jeden Tag, das, was schon besteht, noch mal durchzusingen"
Seine Opern folgen meist literarischen Vorlagen, "Valuschka" dem Roman "Die Melancholie des Widerstands" von László Krasznahorkai (geb. 1954). In diesem Buch von 1989 erzählt der immer wieder für den Nobelpreis gehandelte ungarische Schriftsteller von einer Gesellschaft, die sich zunehmend radikalisiert. Einen Video-Mitschnitt der Uraufführung der ersten Fassung in Budapest kann man bis Juli 2024 noch hier anschauen:
"Ich hatte Glück"
Peter Eötvös hat immer wieder neue Wege des Komponierens gesucht, er zeigte sich offen für unterschiedlichste Einflüsse. Mit 14 ging er bei Zoltán Kodály in die Lehre: "Er hatte eine merkwürdige Figur, lange, weiße Haare und sah wirklich wie der große Gott aus", erzählt Eötvös über seine Begegnung mit ihm, mit Kodály, der das Singen von frühester Kindheit an zur Grundlage der allgemeinen Musikerziehung machte. Nach dem Studium an der renommierten Budapester Franz-Liszt-Akademie ging Eötvös mit dem Kompositions-Diplom nach Köln und studierte dort Dirigieren. Eine neue Welt erschloss sich, als er von Karlheinz Stockhausen entdeckt wurde und in dessen Ensemble als Pianist und Schlagzeuger agierte. Von 1971-1979 arbeitete Eötvös am Studio für Elektronische Musik des WDR in Köln. Darauf folgte die Einladung des legendären Pierre Boulez zu dem von ihm gegründeten Ensemble Intercontemporain, das Eötvös bis 1991 leitete und mit dem er über 200 Uraufführungen realisierte.
Ein wundersamer Kosmos
Schon früh hatten Peter Eötvös Vorstellungen vom Kosmos beschäftigt. Unter dem Eindruck der ersten Weltraum-Reise des sowjetischen Kosmonauten Juri Gagarin 1961 entstand sein Opus 1, das Klavierstück "Kosmos". Später folgten Opern und Orchesterstücke mit Titeln wie «Psychokosmos" (1993), "Seven - Memorial for the Columbia Astronauts" (2006) und "Multiversum", uraufgeführt im Oktober 2017 in der Hamburger Elbphilharmonie. Zugleich wurzelt seine Musik auch in den Traditionen der Volksmusik Ungarns und darüber hinaus, wie bei seinem Lehrer Kodaly, zusammen mit Béla Bartók einem der bedeutendsten Sammler und Bearbeiter.
"Gespräche, Monologe und andere Umwege"
Die Journalistin und neue musik-Expertin Margarete Zander hat Peter Eötvös‘ Schaffen jahrelang begleitet. In ihrer Sendung zum 75. Geburtstag des international gefeierten Komponisten hören wir in "Multiversum" hinein und bekommen eine besondere Leseempfehlung: "Parlando-Rubato. Gespräche, Monologe und andere Umwege" - Peter Eötvös im Gespräch mit dem portugiesischen Komponisten Pedro Amaral.
Eine Sendung von Raliza Nikolov.