Porträt von drei muslimischen Frauen © picture alliance / Zoonar Foto: Benis Arapovic
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AUDIO: Muslimin oder Muslima? Über die Bezeichnung der muslimischen Frau (5 Min)

Muslimin oder Muslima? Über die Bezeichnung der muslimischen Frau

Stand: 08.09.2023 06:00 Uhr

In den letzten Jahren wird in den deutschen Medien immer öfter von "Muslima" oder "Muslimas" gesprochen, wenn muslimische Frauen gemeint sind. Ein Begriff, der aus dem Arabischen stammt. Wie kam dieser Ausdruck in die deutsche Sprache und wer benutzt ihn?

von Abdul-Ahmad Rashid

Muslimin und Muslima - zwei Begriffe, die in der Öffentlichkeit und in den Medien oft für die muslimische Frau benutzt werden. Der eine - Muslimin - ist die deutsche Form, Muslima hingegen Arabisch. "Der den Islam praktiziert, ist der Muslim, und die Muslima ist die weibliche Person, die den Islam praktiziert. Das ist die Herkunft des Begriffes. Der Plural davon heißt Muslimat im Arabischen", so die Göttinger Islamwissenschaftlerin Riem Spielhaus. Sie hat beobachtet, dass der Begriff "Muslima" in den letzten Jahren immer öfter benutzt wurde: "Interessant ist, dass sich dieser Begriff in den 1990er-Jahren und dann auch folgend in Deutschland parallel zum Wort 'Muslim' und 'Muslimin' etabliert hat." Etabliert vor allem durch die Nutzung in den Medien. Denn diese benutzen beide Begriffe synonym.

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Begriff "Muslima" setzt sich immer mehr durch

Doch warum wird ein arabischer Begriff benutzt, wenn auch ein deutscher Begriff existiert? Dazu Karsten Frerichs, Chefredakteur des Evangelischen Pressedienstes: "Ich führe das darauf zurück, dass wir alle, unsere Kolleginnen und Kollegen, auch dadurch beeinflusst werden, dass sich dieser Begriff 'Muslima' durchaus auch bei Selbstbezeichnungen, beispielsweise bei Organisationen, durchsetzt. Wir haben es relativ häufig in unserer Berichterstattung, auch in Zitaten von Musliminnen, die sich ganz bewusst auch als 'Muslima' bezeichnen. Dann kommt das natürlich auch in unserer Berichterstattung vor."

Wie der Begriff "Muslima" in die deutsche Sprache kam, ist unklar. Erstmals benutzt hat ihn Ende der 80er-Jahre die in München lebende Schriftstellerin Barbara Yurtdas: "In meinem Umfeld haben alle Leute 'Muslima' gesagt. Es waren deutsche Frauen, die mit Muslimen verheiratet waren, und die haben sich selbst in der Gemeinde 'Muslima' genannt. Ich habe das einfach so übernommen und nicht gewusst, dass in anderen Medien 'Muslimin' gesagt wird."

Mittlerweile hat der Begriff "Muslima" Eingang in den Duden gefunden, aufgrund seiner häufigen Nutzung. Dort findet sich auch der Plural dazu, der interessanterweise nicht "Muslimat" heißt, wie im Arabischen, sondern "Muslimas". Laura Neuhaus von der Duden-Redaktion dazu: "Das ist ganz typisch für das deutsche Sprachsystem, dass wenn ein Wort aus einer anderen Sprache ins Deutsche übernommen wird, dass dann normalerweise das S als Plural verwendet wird."

Wer spricht von "Muslima", wer von "Muslimin"?

Im Persischen und Türkischen gibt es keinen Unterschied im Genus zwischen Männern und Frauen, ähnlich wie im Englischen: Der Begriff "muslim" wird für beide Geschlechter benutzt. Die Mehrzahl der muslimischen Frauen in Deutschland hat jedoch keine arabischen Wurzeln. Daher lehnen viele den arabischen Begriff "Muslima" für sich ab. So beispielsweise die türkeistämmige Publizistin Lale Akgün: "Ich bezeichne mich als Muslimin, weil es die weibliche deutsche Endung von Muslim ist. 'Muslima' ist ein arabisches Wort, und ich sehe nicht ein, warum ich ein arabisches Wort benutzen soll. Ich kann mich mit dem arabischen Wort nicht identifizieren, sondern ich bevorzuge die deutsche weibliche Endung."

Die Journalistin Merve Kayikci, auch mit türkischen Wurzeln, benutzt dagegen bewusst den Begriff "Muslima", nennt ihren Podcast auch so: "Primamuslima": "Für mich hat das auch mit einem nicht ganz deutschen Lebensgefühl zu tun. Für mich klingt 'Muslima' ein bisschen wärmer, ein bisschen herzlicher, ein bisschen mehr nach Heimat, bisschen mehr nach Zuhause."

Letztendlich ist es jeder muslimischen Frau selbst überlassen, wie sie sich nennt. Riem Spielhaus von der Uni Göttingen jedoch beobachtet, dass vor allem junge Frauen den Begriff "Muslima" benutzen, meist streng praktizierend und nicht selten mit Hijab. Die Wissenschaftlerin vermutet, dass damit auch eine bestimmte Haltung vermittelt werden soll: "'Muslima' ist auch ein Distinktionsmerkmal: Das ist die fromme Muslimin, die nicht Kulturmuslimin ist, die nicht einfach nur muslimischer Herkunft ist, sondern die Religion wirklich ernst nimmt und für die die Religion einen ganz zentralen Stellenwert in ihrem Alltag, ihrem Leben und in ihrer Identität darstellt."

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Freitagsforum | 08.09.2023 | 15:20 Uhr

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