Halal Helau? Muslime und Karneval
Von Michael Hollenbach
Die heiße Phase des Karnevals hat begonnen - nicht nur in Köln oder Düsseldorf. Auch in vielen norddeutschen Städten haben die Narren die Rathäuser gestürmt und symbolisch die Macht übernommen. Bis zum Aschermittwoch, dann fängt für Christinnen und Christen die Fastenzeit an. Büttenreden und Karnevalsumzüge kennen viele Muslime bisher nur aus dem Fernsehen. Doch nun werden hierzulande auch manche Muslime jeck.
Als Kind war die islamische Religionspädagogin Tuba Isik mit der ganzen Familie jedes Jahr beim Mainzer Rosenmontagszug: "Ich bin ein waschechtes Määnzerweib und Fasnacht gehört dazu. Wir waren immer verkleidet und das gehörte eben zur lokalen Kultur dazu. Uns hat das immer sehr viel Spaß gemacht und ich mag Fasnacht."
Religiöse Themen im Karneval? Kein Problem für Tuba Isik
Tuba Isik hat auch keine Probleme damit, wenn religiöse Themen im Karneval aufgegriffen werden. "Nehmen wir einfach mal an, dass auf einem Fasnachtsumzug Gott gestalterisch in irgendeiner Form abgebildet wird und ich das lustig finde, dann lache ich darüber." Und wenn statt `Kölle Alaaf` `Kölle Allah` gerufen würde? "`Deus semper maior`. Gott ist immer größer, als man sich ihn denkt", stellt Tuba Isik klar. "Das, was man dann als Gott da abbildet oder wenn man Gott durch den Kakao zieht - wenn ich das lustig finde, dann lache ich darüber. Ich sehe da eher den Kontext Fasnacht."
Allerdings: beim Propheten Mohammed hört auch für Tuba Isik der Spaß auf: "Eigentlich geht es ja auch bei der Fasnacht darum, alles, was heilig und wichtig ist, durch den Kakao zu ziehen. Aber bei den Propheten Mohammed ist eine Grenze erreicht für sehr viele Muslime."
Auch Muslime feiern mit auf dem „Toleranzwagen“ in Düsseldorf
Viele Muslime sind mittlerweile im Karneval angekommen - vor allem in den Karnevalshochburgen wie Düsseldorf. Dort wird am Rosenmontag zum ersten Mal ein multireligiöser "Toleranzwagen" durch die Straßen ziehen. Mit Muslimen, Juden, Katholiken und Protestanten. Dalinc Dereköy ist Vorsitzender des Kreises der Düsseldorfer Muslime. "Überwiegend sehen natürlich viele das positive Signal, dass man da zusammen steht", sagt Dalinc Dereköy. "Auch gegen Islamfeindlichkeit und Antisemitismus ein Zeichen zu setzen, dass sich Juden und Muslime hier in Deutschland respektieren und auch unterstützen." Zu sehen sind auf dem Wagen lachende Geistliche der vier Religionsgemeinschaften als Pappfiguren - alle mit einer roten Nase.
Als arabischer Scheich verkleidet beim Karnevalszug in Braunschweig
`Halal Helau` heißt es schon seit vier Jahren in Braunschweig. In der norddeutschen Karnevalshochburg steht Metin Aslan hoch auf dem muslimischen Wagen – Karneval in der Löwenstadt mit einem Hauch von Rio: "Ein, zwei Leute haben gesagt, warum ist bei euch im Wagen eine Bauchtänzerin? Ich habe gesagt, das ist eine Kultur vom Orient. Aber bei Festen seht ihr sie alle gerne. Warum nicht so was in der Öffentlichkeit?"
Der aus der Türkei stammende Metin Aslan verkleidet sich im Karneval auch schon mal als arabischer Scheich. Masken zu tragen sei für Muslime kein Problem, sagt Metin Aslan mit einem verschmitzten Lächeln. Manche muslimische Frau würde sich ja das ganze Jahr über verschleiern. Für den Braunschweiger ist es selbstverständlich, dass Muslime beim Karneval mitmachen: "Wenn man in einem Land die Kultur akzeptiert, wenn man auch hier lebt in der Gesellschaft, man muss auch einiges mitmachen", meint Aslan. "Wenn man nur zuhause sitzt vor dem Fernseher, das bringt nichts für die Integration."
Schon am Sonntag zieht der "Schoduvel", der Karnevalszug, durch Braunschweig. Und mitten drin auf dem muslimischen Wagen Metin Aslan mit Kamelle: "In Straßen, wenn wir süße Sachen runterschmeißen, sehen wir tausende Migranten mit ausländischem Hintergrund, tausende. Und die sammeln alles und die feiern auch."
Karneval feiern - auch mit Alkoholverbot im Islam
Bleibt noch die Frage nach dem Alkohol. Denn der fließt im Karneval bekanntermaßen reichlich, ist aber Muslimen eigentlich verboten. Die islamische Religionspädagogin Tuba Isik sieht das gelassen. "Es gibt Muslime, die grundsätzlich Orte meiden, an denen Alkohol getrunken wird. Es gibt aber auch Muslime, die andere religiöse Sensibilitäten und Empfindlichkeiten haben, die damit ganz anders umgehen. Solange ich nicht genötigt werde, Alkohol trinken zu müssen, gehe ich auf die Veranstaltung. Es geht mir um Fasnacht."