Ende des Ramadan: Kraftanstrengung für Leib und Seele
Viele Musliminnen und Muslime fasten seit vier Wochen - von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Das bedeutet: weder essen noch trinken. Vor allem für diejenigen, die arbeiten müssen, war das ganz schön herausfordernd.
Es ist viel los an diesem Morgen in einer türkischen Bäckerei mitten in Braunschweig. Musliminnen und Muslime stehen vor dem Tresen. Es duftet nach Gebäck und frisch gebackenem Brot. Gebacken wird zehn Mal am Tag, fast rund um die Uhr. Bäckermeister Emin Akin hat viel zu tun, obwohl er selbst fastet: "Man hat am Ende wirklich keine Kraft mehr. Bei uns als Bäcker ist es noch schwieriger, weil wir im Ramadan die erste Anlaufstelle sind für den Iftar. Die Leute kommen und wollen Fladenbrot kaufen und ich bin leider in der Backstube und muss arbeiten. Es ist schon anstrengend, aber es funktioniert."
"Ab dem dritten Tag haben die meisten richtig Hunger oder Durst"
Schon eine Woche vor Beginn des Ramadan bereitet sich der 28-Jährige auf die Fastenzeit vor. Dann isst er jeden Tag ein bisschen weniger. Inzwischen hat sich Emin Akim an dieses Ritual gewöhnt, denn er fastet bereits seit seinem zwölften Lebensjahr: "Die ersten zwei Tage ist das gar kein Problem, aber ab dem dritten Tag haben die meisten richtig Hunger oder Durst. Es ist dann eine Kopfsache. Die ersten zwei, drei Tage hat der Körper so viel Energie und merkt das eigentlich fast gar nicht."
Erst wenn die Sonne untergegangen ist, darf gegessen und getrunken werden. Allerdings nur so lange, bis die Sonne wieder aufgeht. Auch wenn Emin Akim sich allmählich daran gewöhnt hat, bekommt er trotzdem manchmal schlechte Laune: "Leider werde ich dann auch mal aggressiv oder zickig. Das ist meistens dann, wenn ich wirklich kaputt bin und mein Körper alle Energie ausgeschöpft hat. Wenn meine kleine Schwester dann kommt und fragt, was wir heute Abend zu essen kochen, dann sage ich: 'Mach doch, was du willst, nerv' mich nicht.' Es kann passieren, dass ich dann solche Sachen von mir gebe."
Durchhaltevermögen wird belohnt
Wichtig ist, dass die Arbeit nicht darunter leidet, betont der Bäckermeister. Auch seine Mitarbeiterin Sana Kadir freut sich jedes Jahr auf die Fastenzeit, obwohl es ihr nicht immer leichtfällt. Das Durchhaltevermögen wird allerdings belohnt, denn Nacht für Nacht wird ein großes Festmahl, das sogenannte Iftar, aufgetischt: "Um vier Uhr stehe ich auf, trinke und esse dann, weil man bis vier Uhr essen und trinken darf. Danach dürfen wir nicht mehr, bis 20 Uhr. Dieser Geruch bei der Arbeit war die ersten zwei Tage schwer, aber danach nicht mehr."
Wenn sie früh anfängt, ist das nicht so hart, sagt Sana Kadir, dann habe die 36-Jährige noch Kraft. In der Spätschicht bekomme sie schon eher Konzentrationsprobleme.
Ramadan: Eine harte Probe für Körper und Geist
Mit dem Ramadan wollen Musliminnen und Muslime Selbstdisziplin erlernen und durch gemeinsames Zusammensein ihren Glauben stärken. Eine harte Probe für Körper und Geist, die viel Disziplin erfordert, betont der Arzt Burhan Al-Gori: "Der Ramadan ist gerade aus medizinisch-wissenschaftlicher Sicht gar nicht so sehr als eine Maßnahme zu sehen, die den Körper schwächt. Im Gegenteil, man merkt vielleicht die ersten zwei Tage den gewohnten Hunger, aber spätestens am dritten, vierten Tag findet eine Reinigung im Körper statt und man merkt regelrecht, dass man teilweise auch eine Kraft verspürt."
Der Ramadan ist eine der fünf Säulen des Islam und Pflicht für gläubige Musliminnen und Muslime. Schwangere, Kranke, Kinder und Reisende sind davon ausgeschlossen. Auch diejenigen, die körperlich hart arbeiten müssen. Allerdings - so schreibt es der Islam vor - muss das Fasten nachgeholt oder Geld gespendet werden.
"Ich fühle mich im Ramadan immer stärker"
Soha Nassan arbeitet als Gabelstaplerfahrer. Trotz der harten Arbeit hat er die Fastenzeit nicht abgebrochen: "Wir haben trotzdem gefastet und uns sehr gut gefühlt in diesem Monat. Es gibt viele Menschen, die denken, sie werden schwach. Aber es ist das Gegenteil: Ich fühle mich im Ramadan immer stärker als an den ganz normalen Tagen."
Am Abend kommen die Musliminnen und Muslime zum letzten Freitagsgebet zusammen - zum ersten Mal ohne die üblichen Corona-Maßnahmen. Morgen beginnt dann das dreitägige Fest des Fastenbrechens. Dafür werden extra Kekse gebacken, spezielle Speisen gekocht und schöne Kleider getragen.