Chormusik
Sonntag, 05. November 2023, 17:00 bis
18:00 Uhr
Die Kirchengesänge der Gregorianik waren gesungene Gebete. Die Melodien verdeutlichten den Textinhalt, ohne die gesungenen Worte allzu sehr zu überdecken. Oder wie der Norweger Henrik Ødegaard es formuliert: Die Melodien der Gregorianik seien "extrem gut gestaltet", "man spüre eine Balance" und es werde "großen Wert darauf gelegt, dass die kleinsten Teile der Wörter gut ausgesprochen" werden.
Ødegaard ist als Komponist inspiriert von der Gregorianik. Das estnische Ensemble "Vox Clamantis" hat vor kurzem eine CD mit Ødegaards Musik und gregorianischen Gesängen veröffentlicht, aufgenommen in einer mittelalterlichen Domkirche.
Moderne Übersetzungen für heutige Aufführungen
Der Norweger Ødegaard, Jahrgang 1955, hat sich als Organist, Sänger, Chorleiter und Komponist viel mit der Gregorianik auseinandergesetzt. Am Pariser Konservatorium war er Teil der Gregorianischen Gesangsklasse, zuvor studierte in seiner Heimatstadt Oslo Bassposaune und setzte sein Musikstudium im norwegischen Bergen fort mit dem Schwerpunkt Kirchenmusik. Dort schloss er später auch ein Kompositionsstudium ab. Ødegaard schreibt vor allem Kirchenmusik und bezieht sich häufig auf die Gregorianik. Oft verschmelzen die alten Originalklänge mit seinen Werken, die lediglich die Stimmung der ursprünglichen Melodie ins Heute transportieren. Ødegaard findet, man müsse "bei sakraler Musik sehr vorsichtig" sein. Er würde "erst etwas an dem Punkt hinzufügen, an dem das Publikum" seiner Meinung nach "etwas Neues erleben" wolle, nicht unbedingt das Publikum in der Kirche, sondern das im Konzertsaal.
Lebendige Tradition
Angelehnt an ähnliche Rhythmen oder Melodien führt Ødegaard Hymnen wie "Jesu, dulcis memoria" oder "O filii et filiae" in seinem Stil fort. Außerdem hören Sie in der Sendung Ødegaards "Meditationen über das Fest der Heiligen Maria Magdalena von Nidaros", Huldigungstexte an Maria Magdalena aus dem 13. Jahrhundert, die in Trondheim gefunden wurden und die Ødegaard umsichtig ins Heute transportiert. Seine Werke bilden eine klangliche Einheit mit den unbearbeiteten gregorianischen Gesängen, die "Vox Clamantis" unter der Leitung von Jaan-Eik Tulve in den dicken Steinmauern der mittelalterlichen Festungskirche St. Nicolas im estnischen Haapsalu aufgenommen hat.
Eine Sendung von Chantal Nastasi