Chormusik
Sonntag, 07. April 2024, 17:00 bis
18:00 Uhr
Schon seit zehn Jahren ist das Ensemble Polyharmonique auf gemeinsamer künstlerischer Entdeckungsfahrt, und immer wieder fallen die Vokalisten durch ungewöhnliche Konzepte von Alben oder Konzerten auf. Im Oktober 2022 erschien das Album "Lambert de Sayve: Ad Vesperas". Gemeinsam mit dem Concerto Imperiale unter der Leitung von Fabien Moulaert erwecken Alexander Schneider und seine international besetzte Vokalgruppe eine Abendvesper zum Leben, wie sie im 16. Jahrhundert in der Kathedrale Saint-Lambert vermutlich zelebriert wurde.
Alte Kathedralmusik aus dem belgischen Lüttich
In Lüttich ist das Ensemble Polyharmonique auf das große Chorbuch aus der Kathedrale Saint-Lambert gestoßen, in dem sich viele kaum bekannte Meisterwerke der franko-flämischen Mehrstimmigkeit aus dem 16. und frühen 17. Jahrhundert befinden. Tatsächlich sind wir hier einer Komponistenpersönlichkeit auf der Spur, von der nur wenig bekannt ist, Lambert de Sayve. Geboren wurde er 1548 in Saive bei Lüttich, wo er vermutlich auch seine Ausbildung erhielt - als einer der vielen Sängerknaben an der Kathedrale Saint-Lambert. Die Forscher*innen haben wie so oft Detektivarbeit geleistet, wühlten sich durch Kirchenarchive, um seinen Lebensweg so gut wie möglich nachverfolgen zu können. Der führte offenbar ziemlich bald weg aus Belgien, nach Frankreich, Tschechien und Österreich, wo er 1614 in Linz starb.
Vokalmusik von Lambert de Sayve und seinen Kollegen
All diese Chorwerke waren komponiert für Lüttichs einst imposante Kathedrale Saint-Lambert, die 1794 im Wüten der französischen Revolution zerstört wurde. Lüttich war nicht unbedingt ein kultureller Hotspot, galt jedoch als reiches "Paradies für Priester", mit der Kathedrale, sieben Stiftskirchen und unzähligen Abteien und Klöstern, auch im Umland. Das Ensemble Polyharmonique und ihr Leiter Alexander Schneider gestalten diese Musik der Spätrenaissance mit einem eigenen Touch: "Gerade diese Musiken der Spätrenaissance, aber auch des Frühbarocks, laden dazu ein, die Musik so zu besetzen, so zu gestalten, wie die Gegebenheiten vor Ort vorzufinden sind. Und das ist die Freiheit, die wir uns genommen haben", sagt Alexander Schneider. "Diese Musik hat eine Klanglichkeit, die auch heute noch verfängt. Wir hatten außerdem Zink und Dulcian und haben versucht, verschiedene Facetten und Farben zu zeigen. Dass das heutige Ohr sagt: Ah, das klingt ja nicht alles gleich. Alte Musik ist nämlich durchaus verschieden, da gibt’s Farben!"
Eine Sendung von Petra Rieß.