Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Minderheiten-Austauschs in Berlin haben sich zu einem Gruppenfoto versammelt. © Kevin Behrens/Bunnsraat för Nedderdüütsch
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Minderheiten-Austauschs in Berlin haben sich zu einem Gruppenfoto versammelt. © Kevin Behrens/Bunnsraat för Nedderdüütsch
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Minderheiten-Austauschs in Berlin haben sich zu einem Gruppenfoto versammelt. © Kevin Behrens/Bunnsraat för Nedderdüütsch
AUDIO: Junge Lüüd ut de Minnerheiten kamen in Berlin tosomen (4 Min)

"Wer sind wir?" - Austausch zwischen jungen Leuten der Minderheiten

Stand: 20.06.2023 19:00 Uhr

Wie werde ich als Teil einer Minderheit wahrgenommen, was prägt meine Identität? Nur zwei von vielen Fragen, denen sich rund 30 junge Menschen bei einem Austauschprogramm in Berlin gewidmet haben.

von Lina Bande

Das Niederdeutschsekretariat hatte gemeinsam mit dem Minderheitensekretariat erstmals zu einer Veranstaltung dieser Art eingeladen und damit sowohl Mitglieder der nationalen Minderheiten als auch der Sprechergruppe Niederdeutsch angesprochen. Vier Tage lang arbeiteten die 18- bis 35-Jährigen in Workshops zusammen, auch ein sogenanntes Speed-Debating mit mehreren Abgeordneten des Bundestags stand auf dem Programm. Bei diesem Format werden in kürzester Zeit diverse Themen diskutiert.

Austausch und Zusammenarbeit im Vordergrund

In Deutschland gehören die dänische Minderheit, die friesische Volksgruppe, die Lausitzer Sorben und die Sinti und Roma zu den nationalen - oder autochthonen - Minderheiten. Dazu kommen Plattschnacker aus ganz Deutschland: Niederdeutsch ist als Regionalsprache anerkannt. Inwieweit all diese Gruppen Gemeinsamkeiten haben, sie Herausforderungen und Probleme teilen und wo sie gut zusammenarbeiten können, darum ging es in Berlin.

Stellvertretend für die rund 30 Teilnehmenden berichten Vanessa Teichmann, Jan Dittmers, Jonas Honekamp und Mia Großmann von ihren Erlebnissen in der Hauptstadt.

Die theaterpädagogischen Workshops

Vanessa muss da direkt zugeben: "Dor kunn ik mi ers gor nichts ünner vörstellen", denn in mehreren Runden mit Hilfe verschiedener Aufgaben sollten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich ihrer eigenen Identität nähern. Deshalb waren die Workshops auch geschützte Räume, alle sollten möglichst frei sprechen können. "Dat weer heel interessant, eenfach mal sülvens en beten mehr över de egene Spraak natodenken", sagt Jonas.

Zwar gehe es bei einigen mehr um die Kultur, bei anderen um die Sprache, aber als Erkenntnis bleibt bei Jan dann doch eines hängen: "Ik hebb mitnahmen, dat wi as Gruppen ähnliches beleevt in'n Alldag un dat man dor ok good över tosomen Saaken kreieren kann", resümiert der 29-Jährige aus Niedersachsen.

Das Speed-Debating mit Bundestagsabgeordneten

Mehrere Politikerinnen und Politiker stehen für eine Diskussion zusammen. © Kevin Behrens/Bunnsraat för Nedderdüütsch
Mehrere Bundestagsabgeordnete hatten sich die Zeit genommen, um mit den jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu diskutieren.

Unter anderem hatten sich Gyde Jensen (FDP), Stefan Seidler (SSW), Filiz Polat und Denise Loop (beide Grüne) Zeit genommen, um sich mit den jungen Leuten über ihre Anliegen auszutauschen. "De hebbt so minschlich reageert un so veel Interesse wiest", freut sich Vanessa im Nachhinein und ist mit diesem Eindruck nicht allein.

Alle Gruppen hätten ihre Themen und Wünsche anbringen können, meint Jonas. Er selbst habe vor allem über das Thema Bildung gesprochen, "woans dat utsütt an de Universitäten, woans een dat lehren kann un of dat noch mehr Schoolmesters geven mutt."

Der Austausch unter den Minderheiten

Dass vor allem die Erzählungen von Vertreterinnen und Vertretern der Sinti und Roma prägend gewesen sind, wird im Gespräch mit allen vier Plattschnackern deutlich. "Ik hebb ganz veel lehrt över Antiziganismus. Dat Wort kannte ik vördem noch gor nich, dat weer nämlich ene Saak, de wi blots jichenswann mal in'e School kort ansnackt harrn", erzählt Mia, und Jan geht es fast genauso. Vieles über die Geschichte einer ganzen Volksgruppe sei ihm vorher überhaupt nicht bewusst gewesen.

Vanessa und Jonas sind zudem fasziniert von den Sorben und ihrer Sprache, die doch so ganz anders sei als Hochdeutsch, wie Vanessa berichtet. "Ik hebb sogor en paar Wöör lehrt!", sagt Jonas lachend.

Das sehr persönliche Fazit

Nach einem sehr intensiven Wochenende in Berlin fällt das Fazit bei Vanessa Teichmann, Jan Dittmers, Jonas Honekamp und Mia Großmann durchweg positiv aus. Sie alle haben viel mitgenommen aus den Workshops und Gesprächen.

"Dat gifft Lüüd, mit de een sik ok op Plattdüütsch ünnerhalen kann, un dat geiht ok överall." Jonas Honekamp, 20 Jahre alt

"De Diversität, de wi hier sülvens beleevt un leevt hebbt, is stark. Un dat köönt wi ok all rutdreegen. un op de Straaten mitenanner Platt snacken." Jan Dittmers, 29 Jahre alt

"Wi köönt uns noch mehr vernetten un dat gifft noch veel mehr Lüüd, de sik ok mit Spraaken un Minnerheiten utenanner setten wüllt." Vanessa Teichmann, 20 Jahre alt

"Fröher harr ik jümmers dat Geföhl, dat ik teemlich alleen bin mit mien Spraak un nu bin ik bestätigt, dat wi twars ene Minnerheit sind, dat dat over liekers vele von uns gifft. Un dat wi för use Spraakkultur instahn köönt." Mia Großmann, 19 Jahre alt

 

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Moin! Schleswig-Holstein – Von Binnenland und Waterkant | 19.06.2023 | 20:10 Uhr

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