Knallbunt und energiegeladen: Elvira Bach im Barlach Museum Wedel
Elvira Bach hat ein einzigartiges Werk geschaffen, in dem seit mehr als 40 Jahren die Frau im Mittelpunkt steht: knallbunt, energiegeladen und ungeheuer selbstbewusst. Das Barlach Kunstmuseum Wedel zeigt jetzt eine Retrospektive.
Vorsicht vor dieser Frau: Mit ihrem superengen Kleid, ihren großen, zupackenden Händen, den zerzausten, schwarzen Haaren, der dunklen Sonnenbrille und einer lässig zwischen den knallroten Lippen hängenden Zigarette signalisiert sie: "Ich mache, was ich will!" Das Bild der leicht derangierten "Nachteule" entstand 1981. Da war die Künstlerin Elvira Bach 30 Jahre alt - und ihr Gemälde eine riesige Provokation.
Pionierin in männlich dominierter Kunstwelt
Ein Jahr später folgte eine Sensation, denn Elvira Bach war 1982 die erste Frau auf der "documenta" in Kassel, erzählt Museumsleiter Jürgen Doppelstein. "Das müssen Sie sich mal vorstellen: Nie zuvor ist da eine Frau ausgestellt worden. Die Kunstwelt war eine männlich dominierte Welt. Und umso mehr ist es eine unglaubliche Pionierleistung, sich als Frau, als Malerin, als Künstlerin, sich mit ihren Frauenbildern derart in diese Männerdomäne hineinkatapultiert zu haben. Und im Grunde mit dem Satz: 'Hier! Hier bin ich. Nehmt mich wahr! Nehmt uns wahr!'" Die heute 71-jährige Malerin ist eine von wenigen Frauen, die in den 1980er-Jahren zu den "Jungen Wilden" in Berlin gehörten.
Üppig-runde Diven und Amazonen
Bis heute malt die Wahl-Berlinerin in leuchtenden Farben und auf metergroßen Formaten derart selbstbewusste, starke Frauen, dass einem vor Begeisterung schon mal der Atem stocken kann: Da gibt es üppig-runde Diven in hautengen, glühend-roten Outfits. Amazonen präsentieren sich mit gewaltigem Schmuck an den Ohren in selbstbestimmt-lasziven Posen. Mehrere Evas räkeln sich als lüsterne "Schlangenfrauen", die sich mit dem eigenen, sie umschmeichelnden Haarzopf befriedigen.
Mal ist es die Künstlerin selbst, mal sind es Frauentypen, die wie auf einer Bühne ironisch-lustvoll oder klischeehaft-überspitzt soziale und mythologische Rollen einnehmen und dabei High Heels, Nylonstrümpfe und Dessous ausschließlich zum eigenen Vergnügen nutzen. "Ich habe diese Frauenfiguren irgendwie in den Mittelpunkt gestellt - so wie ich mir eine Frau vorstelle, wünsche, erträume. Oder was ich irgendwo erlebt habe als Frau. Das kann ich irgendwie ausdrücken", sagt Bach.
"Drei Grazien" lassen sich nicht entzweien
Elvira Bachs Frauen wollen das ganze Leben und beschwören damit jenseits von fremdbestimmter Lohnarbeit, von Leistungsdruck und Anpassungszwängen die Utopie eines freien, selbstbestimmten Daseins. Um das zu erreichen, muss das Alte zertrümmert werden. Und so zerlegt die Künstlerin immer wieder genussvoll jahrhundertealte, männlich tradierte Kunstmotive: Ihre "Drei Grazien" etwa lassen sich vom Gott Paris nicht in ein Konkurrenzverhältnis zwingen. Sie ignorieren seinen Apfel einfach.
Zutiefst solidarisch mit dem weiblichen Geschlecht
"Elvia Bach ist zutiefst solidarisch mit dem weiblichen Geschlecht", betont Doppelstein. "Wenn sie denn nicht explizit Selbstbildnisse malt, verbindet sie mit ihren gemalten Frauentypen ein zutiefst schwesterliches Gefühl." Aus dieser Haltung heraus entstehen auch völlig neue Bildmotive. Neben der selbstbestimmten, erotischen Frau ist es nach der Familiengründung der Künstlerin zum Beispiel das der tanzenden "Küchendiva", die - trotz klammerndem Kind am Bein und sie umschwirrenden Küchengeräten - auf ihrer Unabhängigkeit beharrt. "Ich bin mir treu geblieben. Ich habe mich nicht von links oder rechts oder oben oder unten irritieren lassen oder beeinflussen lassen. Ich habe meine Sache gemacht", erklärt die Künstlerin.
Optimistisch-beschwingtes Grundgefühl garantiert
Auf drei Stockwerken präsentiert die engagierte Ausstellung jetzt das mitreißende Werk der Künstlerin, dessen Entdeckung man sich nicht entgehen lassen sollte: Ein in unseren düsteren Zeiten selten gewordenes, optimistisch-beschwingtes Grundgefühl ist dabei garantiert.
Knallbunt und energiegeladen: Elvira Bach im Barlach Museum Wedel
Die Ausstellung zeigt, wie die Künstlerin seit mehr als 40 Jahren auf einzigartige Weise Frauen in den Mittelpunkt ihres Schaffens stellt.
- Datum:
- Ort:
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Barlach Kunstmuseum Wedel
Mühlenstraße 1
D-22880 Wedel
- Öffnungszeiten:
- Geöffnet täglich außer Montags von 11.00 bis 18.00 Uhr