"Framespotting Hamburg": Duo verteilt heimlich Kunst zum Mitnehmen
Sie sind ein eingespieltes Streetart-Duo: Ein Hamburger und seine Tochter hängen anonym Bilder auf. Wer eines findet, darf es behalten und soll ein Foto davon unter #framescout auf Instagram teilen.
Paul und seine neunjährige Tochter, die "kleine Komplizin", streunen durch Eimsbüttel. An eine Backsteinwand kleben sie eine eigene Zeichnung. Auf dem Rahmen sind bunte Peace-Zeichen. Die Tochter malt oft Friedenszeichen, erzählt sie. "Ich finde einfach, dass wir viel Frieden auf der Welt brauchen und ich male die einfach gern, weil es Spaß macht." Vom Bild schielt ein Mädchen auf die Betrachtenden. "Das bin ich in gruselig. Das war in der Halloween-Zeit."
Husch, husch, schnell ein Foto!
Wenn das Bild hängt, machen sie schnell ein Foto davon, ohne zu viel über die Umgebung zu verraten und stellen es später auf Instagram online. Dann weiß die Community, dass irgendwo da draußen wieder ein neues Bild hängt, erzählt Paul. "Und dann muss es schnell gehen, weil ich dann meistens gleich wieder abhaue."
Streetart - regenfest und doch vergänglich
Die beiden wollen anonym bleiben und zeigen sich beim Aufhängen ihrer Bilder auf Fotos nur von hinten. Die meisten ihrer Kunstwerke sind Fotografien von Paul oder Zeichnungen von der "kleinen Komplizin". Die Rahmen bauen sie aus gefundenem Restholz von Baustellen oder aus Containern. Alles ist regenfest. Diese Kunst sei schnell vergängliche Streetart, weil sie manchmal nur zehn Minuten hänge, erzählt Paul. "Es kriegen nur wenige Leute zu sehen. Trotz allem versuche ich irgendwie, am Stadtbild etwas zu machen und die Leute dazu zu animieren, sich mehr umzusehen."
"Framespotting" verbindet
In vier Jahren haben die beiden mit "Framespotting" jetzt schon mehr als 700 Bilder verteilt - in Hamburg und überall, wo sie schon im Urlaub waren. Die Rückmeldungen der Finderinnen und Finder sind dabei ihre größte Motivation. Besonders berührend ist für Paul die Geschichte eines Hamburgers, der schon acht Bilder gefunden hat und der ihm seine Situation anvertraute: "Er hat mir gesagt, dass er in einer schweren Depression war und eigentlich kaum noch aus dem Haus gegangen ist - wenn überhaupt, nur nachts. Eines nachts hat er dann ein Bild von mir gefunden." Von da an sei er jedes Mal, wenn Paul ein Bild gepostet hat, nach draußen gegangen und habe die ganze Stadt abgesucht, erklärt Paul. "Das hat ihm geholfen, aus dieser schwierigen Situation rauszukommen."
Mit Streetart Freude schenken
Fremden Menschen mit ihrer Kunst Freude schenken - das ist das Ziel von "Framespotting" und dafür haben die beiden abseits der Osterstraße schon die nächste Stelle gefunden. "Zum Beispiel so ein Fahrradhäuschen - auf dem Blau könnte es gut aussehen. Wie findest du das?" Die "kleine Komplizin" nickt und macht sich ans Kleben. Ihr gefällt besonders, dass sie frei malen kann, was sie will, sogar auf dem Bilderrahmen. "Das macht mir daran Spaß."
Unauffällige Galerie in Hamburgs Straßen
Das Streetart-Duo macht die Straßen von Hamburg ganz unauffällig zur gemeinschaftlichen Galerie. Nebenbei hat das noch einen anderen Effekt, freut sich Papa Paul. "Wir verbringen die Zeit zusammen. Ich glaube, das hat uns zusammengeschweißt. Zum anderen kriegt sie auch Werte vermittelt: was es bedeutet, jemandem etwas zu schenken, ohne etwas dafür zu verlangen."
Und mit ein wenig Glück....
Es lohnt sich also, mit offenen Augen durch die Stadt zu gehen. Vielleicht sind Sie ja mal erfolgreich beim "Framespotting" und finden so ein Bild der beiden.