Affordable Art Fair 2019 Hamburg  Foto: Mathias Heller

Fadenkunst auf der Affordable Art Fair in Hamburg

Stand: 31.01.2020 17:33 Uhr

Die Messe Affordable Art Fair in Hamburg bietet erschwingliche Kunst zu Preisen von 100 bis 7.500 Euro - 80 Galerien aus zwölf Ländern präsentierten 2019 ihre Künstler in den Messehallen. Die Verkaufsmesse hat sich als Hotspot für Kunstliebhaber in Norddeutschland etabliert.

von Mathias Heller

Sie zieht, zerrt und zupft. Antje Flotho breitet ihre Arme wie ein Albatros aus, hängt gebeugt über einer großflächigen Klarsichtfolie. In ihren Händen hält sie jeweils einen Faden einer Garnrolle. Leicht fließt das Garn zu einer Form und unter ihr entstehen Linien eines Porträts. "Das entscheidende Erlebnis war: Ich musste die Kontrolle, die ich mit dem Stift zum Papier habe, loslassen", erklärt sie. "Ich musste das Garn ziehen, ich musste es werfen und ich musste mit dem ganzen Körper in die Bewegung gehen - und das auf dem Boden."

Malen mit Garnen: "Der Faden ist mein Stift"

"Der Faden ist mein Stift", sagt die Künstlerin. Vor acht Jahren hat sie diese filigrane Technik entwickelt. Die gebürtige Hannoveranerin hat bis dahin mit den gängigen Maltechniken wie Aquarell gearbeitet. Doch das ändert sich. "Meine großen Themen sind Körperlichkeit und Bewegung und wie ich das mit Garn einfangen kann", sagt Flotho. "Also: Wie wird aus Garn eine Art von Objekthaftigkeit, die Bewegung und die Strukturen aufnimmt? Dazu kann man das Garn ziehen, man kann es rollen, man kann es schmeißen, man kann es bündeln, man kann es straffen und man kann es wieder weich auslaufen lassen."

Bilder wie zarte Buntstift-Zeichnungen

Es entstehen Bilder, die durch das dünne Garn wie zarte Buntstift-Zeichnungen wirken. Antje Flotho positioniert ihre Arbeit zudem in einem tiefen Plexiglas-Rahmen. In ihm wirft der Faden einen Schatten an die Rückwand, der dem Bild eine besondere Lebendigkeit verleiht. Gerade solche Arbeiten faszinieren den Kunstliebhaber, Unternehmer und Stiftungsgründer René Spiegelberger. "Der künstlerische Gradmesser muss immer die Qualität sein", sagt er. "Ein Künstler muss immer etwas zu sagen haben, was noch nicht gesagt wurde oder so noch nicht gesagt wurde. Das ist dann für mich die entscheidende Botschaft, die er über sein Werk vermitteln kann."

Gerade für Sammler wie Spiegelberger bietet die Affordable Art Fair neue Impulse. Experimentell, wild, verstörend, aber auch humorvoll sind einige Arbeiten auf der Messe.

Kunst für junge Leute zugänglich machen

Mit seiner gleichnamigen Stiftung will Spiegelberger Kunst gerade für junge Leute erfahrbar machen und er unterstützt auch junge Künstler mit einem Stipendium. Zudem arbeitet die Stiftung mit mehr als 160 Schulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammen, um zeitgenössische Kunst erfahrbar zu machen - Kunst-Education sozusagen. Und da schafft gerade diese Messe eine große Bühne.

Rene Spiegelberger sitzt auf dem Sofa in seiner Wohnung © NDR.de Foto: Mathias Heller
Ohne Kunst geht es nicht - René Spiegelberger in seinen vier Wänden.

"Die Affordable Art Fair ist ein Geschenk für Hamburg, weil wir eine große und relevante Kunstmesse in den Norden geholt haben", sagt Spiegelberger. "Wir haben damit eine tolle Chance, ganz viele Menschen für die Kunst zu begeistern, die sich auf dieser Messe in unterschiedlichen Qualitäten präsentiert."

Künstler setzen in Hamburg auf Begegnungen

Auch Antje Flotho ist vom Mix der gezeigten Arbeiten begeistert. Und so kommt sie mit ihrer niederländischen Galerie Chiefs and Spirits aus Den Haag gern in die Messehallen unter den Fernsehturm. "Ich freue mich immer auf eine sehr kommunikative Woche", sagt sie. "Man sitzt ja doch in seinem Elfenbeinturm, was man auch muss - aber die Begegnungen sind sehr vielfältig und sehr spannend."

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