"Body Issues?!": Künstlerin Wagemans betont das Unperfekte
Durchsichtig, wie fest gewordenes Gelee auf einem menschlichen Körper, so sieht die Kunst der Niederländerin Esmay Wagemans aus Zaandam aus. Die Kunst betont Besonderheiten, anstatt sie zu verstecken - für mehr Selbstakzeptanz.
"Originals" - so heißt diese Serie transparenter Objekte. Wie fließendes Wasser bedecken die Plastiken die Haut der Person, die sie trägt. Die Maßanfertigungen passen sich dem Körper an, statt ihn in eine Form zu pressen. Esmay Wagemans hat sie designt, in Zaandam, in ihrem Atelier. Sie sind wie eine zweite Haut, sagt die Künstlerin. "Das Design ist eigentlich eine Kopie des eigenen Körpers. Es geht darum, ihn zu erweitern, statt etwas komplett Neues zu erschaffen."
Alles, was Esmay Wagemans dafür braucht, ist ein Silikonabdruck ihrer Modelle. Mit Gips entsteht eine 3D-Momentaufnahme, die den Körper genauso zeigt, wie er ist. Eines ihrer Models lässt gerade einen Abdruck ihrer Brüste machen. "Wenn’s trocknet, fühlt es sich so an, als ob es sich vom Körper löst. Es fühlt sich wie ein enges Top an. Und das kitzelt."
Niemand nimmt sich selbst in 3D wahr
Dass wir die eigenen Formen aus einer solchen Perspektive wahrnehmen, ist selten. Esmay Wagemans hat genau das interessiert. "Mir fiel auf, dass man sich selbst nie in 3D sieht. Andere Menschen sehen einen besser und kennen auch Gesicht und Körper besser als man selbst. Das war eine verrückte Erkenntnis."
Wie erstaunlich wenig wir über unseren eigenen Körper wissen, fällt der Niederländerin auch bei ihrem Projekt "Second Skin" auf: Ein Duplikat ihres Gesichts und Torsos. Da merkte sie erst, wie wichtig auch die vermeintlichen Makel sind. "Was ich beim Erstellen dieser Kopie verstanden habe, ist, dass alle Details und auch das Unperfekte notwendig sind, damit ein realistisches Ergebnis entsteht. Ich habe also eher das Unperfekte betont, als es zu verbergen."
Nacktheit im Internet wird zensiert
Und noch etwas gibt der 31-Jährigen zu denken: Wie unterschiedlich Nacktheit bewertet wird. Im Museum: okay, weil Kunst. Im Internet: sofort zensiert. Auch bei ihren durchsichtigen Designs muss auf sozialen Netzwerken etwas völlig Natürliches verdeckt sein. "Es ist nicht einfach. Wenn ich mit Künstlerinnen arbeite, zeigen sie dann die Videos oder Albumcover auf Instagram und auf YouTube. Und am Ende des Tages müssen sie ihre Nippel dann doch bedecken. Das ist echt schwierig.
Ein trainierter Körper in wenigen Sekunden
Für ein Projekt hat sie Muskeln kreiert, die man einfach auf den Bauch legt. Ein trainierter Körper in wenigen Sekunden. Die negative Reaktionen darauf zeigen, wie sehr erwartet wird, dass man für eine schöne Figur leiden muss. "Es sagt etwas über die Welt der Schönheitsindustrie aus: Es ist okay, wenn man viel Arbeit in einen solchen Körper investiert. Aber ein einfacher Weg wird gesellschaftlich abgelehnt. Es fühlt sich offenbar unfair für Leute an, die selbst so hart an sich arbeiten."
Keine Gedanken an Körperideale
Einen Wunsch hat die Künstlerin für unsere Körperwahrnehmung in Zukunft: "Ich wünsche mir, dass wir vergessen darüber zu sprechen. Denn das ist eigentlich das Ideal, wenn es um Akzeptanz geht. Aufzuhören, sich über Körperideale Gedanken zu machen - damit stehen wir erst am Anfang."