Phänomen Barbershop: Gesänge und Gespräche unter Männern
Hier werden nur Männer bedient: Barbershops werden in Deutschland immer beliebter. Die Ursprünge liegen in den USA - und da wurde früher sogar gesungen. Ist das heute noch so?
Wie viele Barbershops es in Deutschland gibt, weiß keiner so genau. Etwa anderthalb Tausend schätzen Experten. Einer von ihnen ist Micha Birkhofer, er ist Groß-Händler für Barbier-Zubehör. "Früher gab es den klassischen Herrenfriseur. Der ist aber dann verschwunden, und es gab nur noch Unisex-Salons. Da wurde der Mann aber von Azubis bedient und zwischen Trockenhauben geparkt. Er hatte keine richtige Heimat mehr. Jetzt ist der Herrenfriseur zurück, unter der Bezeichnung Barbershop."
Barbershop: Viel mehr als nur ein Herrenfriseur
Bart stutzen, Haare schneiden, Ohrenhaare entfernen, für viele Kunden ist der Barbershop viel mehr als nur ein Herrenfriseur. Er ist ihr Männer-Rückzugsort, verrät ein Kunde: "Keiner achtet darauf, wo der andere herkommt. Männer unter Männern, du musst dich nicht verstellen." Dazu bieten einige Barbershops den Männern dann auch mal ein Bier oder einen Whisky an.
Barbershop: Anfänge in den USA
Schon vor über hundert Jahren - in den USA - gingen Männer unter anderem zum Barbershop, um sich mit anderen über die Neuigkeiten aus der Nachbarschaft auszutauschen. Auch die berühmten Barbershop-Gesänge haben ihren Ursprung in diesem Austausch, sagt Micha Birkhofer. "In der Zeit, als es noch keinen Rundfunk gab, sind die Leute in Konzerte gegangen. Und der Barbershop war dafür geeignet, gerade im Wartebereich, dass ein Konzertbesucher ein Lied nachgeträllert hat. Andere Männer haben dann noch mitgesungen und so, sagt man, sei der Barbershop-Gesang entstanden. Das ist ein reiner A-cappella-Gesang, meistens zu viert." Heutzutage finden Konzerte statt, auf denen gleich mehrere Barbershop-Gesangsquartette auftreten. Die Lieder reichen von ganz alt bis ganz modern.
Woher kommen die Farben Weiß, Blau und Rot?
Das typische Werbeschild eines Barbershops ist eine weiß-blau-rote Stange, die sich dreht. Der Ursprung dieses Zeichens reicht Jahrhunderte zurück und ist blutig, sagt Micha Birkhofer. Ein Barbier habe früher nicht nur Haare geschnitten, sondern auch kleine Operationen durchgeführt oder Zähne gezogen. Aderlass war eine zeitlang Trend. "Die rote Farbe an dieser Stange soll die durch Blut getränkten Binden darstellen. Die wurden nämlich nach dem Waschen vor dem Barbershop zum Trocknen aufgehängt und haben sich dann im Wind verdreht. Bei der blauen Farbe gibt es verschiedene Theorien, woher die kommt. Eine, die mir plausibel erscheint, ist, dass man damit die Farben der amerikanischen Flagge komplettiert."
Barbershops in Deutschland
Bei uns in Deutschland wird der Großteil der Barbershops von türkisch- oder arabisch-stämmigen Männern betrieben. Birkhofer erklärt sich das so: "Das liegt wohl daran, dass in arabischen Ländern ein Mann zum Herrenfriseur geht, Unisex-Salons sind dort gar nicht zu finden. Viele fangen dort schon sehr früh an zu arbeiten. Durch Flüchtlinge sind viele zu uns gekommen, die schon im jungen Alter als Barbier gearbeitet haben." Und die haben hier treue Kunden, ebenfalls Migranten, die sich nicht nur den Bart stutzen und die Haare schneiden lassen, sondern sich auch miteinander austauschen. Nicht digital, sondern analog, in bester Barbershop-Tradition.