"The Room Next Door": Pedro Almodóvars kluge Annäherung an den Tod
"The Room Next Door" handelt von zwei Frauen, von denen eine unheilbar an Krebs erkrankt ist. Der Film besitzt eine künstlerische Offenheit, die belebend wirkt - trotz der Schwere des Themas.
Die Schriftstellerin Ingrid (Julianne Moore) signiert in New York ihr neues Buch über den Tod, "On Sudden Deaths", als plötzlich eine Bekannte vor ihr steht. Die beiden sprechen kurz. Die Bekannte erwähnt Ingrids alte Freundin Martha (Tilda Swinton), sagt, dass diese mit unheilbarem Gebärmutterkrebs im Sterben liege. Ingrid ist bestürzt. Spontan beschließt sie, Martha im Krankenhaus zu besuchen. Nach ein paar Minuten des Films begegnen sich die Frauen, beide Anfang 60. Überrascht, überwältigt, aber bald auch vertraut in der alten Bereitschaft, tiefgehende Gespräche zu führen.
Almodóvars Kammerspiel ist sein bisher reduziertestes Werk
Produktionsdesignerin Inbal Weinberg hat Almodóvars Stil verinnerlicht: leuchtende Grundfarben (Blau, Rot, Gelb), klare Geometrien kombiniert mit floralen Mustern.
An dieser Stelle des Films, nach rund einer Viertelstunde, entscheidet sich, ob man "The Room Next Door" weiter mit Hingabe folgen will oder ob man eine gewisse Distanz entwickelt, weil alles doch etwas zu gestylt und konstruiert melodramatisch erscheinen mag - typisch Almodóvar. Nur diesmal eben doch ein bisschen anders. Vielleicht hat ihn das ungewohnte Umfeld dazu animiert oder auch die fremde Sprache - zumindest setzt der spanische Regisseur seine stilistischen Überhöhungen noch etwas prägnanter ein als sonst, dabei purer. Und so lässt sich sagen: Das Kammerspiel - und ein solches ist es - erweist sich als das bisher reduzierteste Werk im Almodóvar-Kosmos, als eine kluge, auf das Wesentliche konzentrierte Annäherung an den Tod.
Martha bittet Ingrid schließlich, sie bei ihrem Freitod zu begleiten. Sie habe sich im Darknet eine entsprechende Pille besorgt. Die beiden Frauen fahren in ein abgelegenes Ferienhaus, in ein Naturschutzgebiet rund zwei Stunden von Manhattan entfernt.
"The Room Next Door": Kein Film mit klarer Botschaft
"The Room Next Door" ist inszeniert, wie Pedro Almodóvar das schon immer macht: mit einer eleganten Kamera, die sich auf die Gesichter fokussiert, und wieder einem melancholischen Soundtrack des Hauskomponisten Alberto Iglesias.
In seiner Rede beim Filmfestival von Venedig meinte er, vor allem seine beiden Hauptdarstellerinnen hätten diesen Film gemacht - und dann fügte er, den Goldenen Löwen in der Hand, noch hinzu, es müsse endlich Gesetze geben, die es allen Menschen ermöglichten, selbstbestimmt über ihren Tod zu entscheiden.
Ein Botschaftsfilm ist "The Room Next Door" deshalb nicht geworden - er besitzt eine künstlerische Offenheit, die belebend wirkt. Immer wieder wird auch viel gelacht.
The Room Next Door
- Genre:
- Drama, Komödie
- Produktionsjahr:
- 2024
- Produktionsland:
- Spanien
- Zusatzinfo:
- mit Tilda Swinton, Julianne Moore, John Turturro und anderen
- Regie:
- Pedro Almodóvar
- Länge:
- 107 Minuten
- FSK:
- ab 12 Jahren
- Kinostart:
- 24. Oktober 2024