"The Outrun": Saoirse Ronan begeistert im Sucht-Drama
Nach "Systemsprenger" und "The Unforgivable" ist "The Outrun" die jüngste Regiearbeit von Nora Fingscheidt. Darin spielt die vierfach Oscarnominierte Saoirse Ronan eine Alkoholikerin, die Heilung auf den schottischen Orkney-Inseln sucht.
Rona: "Ich werd' das nie wieder tun, egal was ich getan habe, ich werde nicht mehr trinken, ich will Dich nicht verlieren." Filmszene
Nach einem ihrer vielen Alkoholexzesse kann sich Rona mal wieder an nichts erinnern. Ihr Freund hat genug davon und verlässt sie. Rona verliert auch ihren Job im Labor, wacht jeden Morgen in einem anderen Bett auf und sucht schließlich Hilfe - auf den schottischen Orkney-Inseln, die sie zehn Jahre zuvor Richtung London verlassen hat, und wo ihre getrennten Eltern leben. Sie engagiert sich im Vogelschutz und begegnet anderen Betroffenen.
"Alkoholismus ist ein persönliches Thema für mich. Ich wollte es besser verstehen, genau wie die psychische Verfassung von Menschen, die unter dieser Sucht leiden", sagt Saoirse Ronan im Interview. Die Vorlage zum Film lieferte Amy Liptrot mit ihrem Buch "Nachtlichter". Darin erzählt sie von ihrer eigenen Sucht.
Durch die Begegnung mit der Natur kommt Rona langsam zur Ruhe. Sie hilft, Lämmer zur Welt zu bringen, hört entlang der Klippen dem tosenden Meer zu und dirigiert die Wellen wie ein Orchester. Dabei gerät sie irgendwann ähnlich in Ekstase wie früher unter Alkoholeinfluss.
Störende Zeitsprünge bremsen die Spannung
In starken, atmosphärischen Bildern fängt Nora Fingscheidt ein, wie Ronas innere Verfassung mit den Naturgewalten korrespondiert. Sie erzählt diese Geschichte nicht chronologisch, sondern springt unruhig zwischen den Orten und Zeitebenen hin und her, inspiriert von der Struktur der Buchvorlage. "Man springt in Gedanken vor und zurück - das wollte ich erhalten", erzählt Fingscheidt. "Und gleichzeitig symbolisiert es am Anfang ihre Verlorenheit. Sie ist relativ konfus und verwirrt, diese Erfahrung wollte ich spürbar machen."
Ronas unterschiedliche Haarfarben und -längen helfen zwar etwas, sich als Zuschauer zu orientieren, in welcher Phase sie sich gerade befindet. Aber das dramaturgische Hin und Her wirkt kontraproduktiv, denn es geht um Ronas innere Entwicklung. Diesem Prozess zu folgen, wäre linear erzählt viel spannnender. Auch weil Saoirse Ronan die verschiedenen Zustände der Figur herausragend performt: betrunken, verliebt, albern, heulend, ängstlich, aggressiv, Ausflüchte suchend, rückfällig werdend. Es wirkt nie übertrieben oder wie die Karikatur einer Alkoholikerin, was ihre größte Sorge war, sagt sie: "Ich wollte den Betroffenen unbedingt gerecht werden und diese Erfahrung ehrlich wiedergeben. Man kann nämlich in viele Fallen tappen, wenn man 'betrunken' spielen soll: Es zu übertreiben, zu chaotisch sein oder ein bisschen lallen und denken, das reicht. Das tut es aber ganz und gar nicht."
"The Outrun": Die Geschichte einer Selbstfindung
Saoirse Ronan ist die Attraktion in diesem etwas konfusen Film, der weniger das Sozialdrama als die Geschichte einer Selbstfindung markiert. Auch Rona ist gewissermaßen eine Systemsprengerin, eine Figur am Rande der Gesellschaft. Weihnachten steigt sie ins eiskalte Meer, nur der Seehund schaut ihr zu - sie scheint bei sich angekommen zu sein.
The Outrun
- Genre:
- Drama
- Produktionsjahr:
- 2024
- Produktionsland:
- Deutschland, Vereinigtes Königreich
- Zusatzinfo:
- mit Saoirse Ronan, Paapa Essiedu, Stephen Dillane und anderen
- Regie:
- Nora Fingscheidt
- Länge:
- 118 Minuten
- FSK:
- ab 12 Jahren
- Kinostart:
- 5. Dezember 2024