"Sing Sing": Berührendes Drama über ein Theaterprojekt hinter Gittern

Stand: 03.03.2025 09:08 Uhr

"Sing Sing" ist eine großartig inszenierte Geschichte von Häftlingen, die ein kunstorientiertes Rehabilitationsprogramm als Chance nutzen. Hauptdarsteller Colman Domingo brachte der Film eine Oscar-Nominierung ein.

Szene aus dem Film "Sing Sing": Fünf Gefängnisinsaßen sitzen in einem Stuhlkreis und unterhalten sich © DIVINE FILM, LLC
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von Bettina Peulecke

Auch das Skript (als bestes adaptiertes Drehbuch) und der Filmsong "Like a Bird" waren für Oscars nominiert. Am Ende musste Colman Domingo seinem Kollegen Adrien Brody ("The Brutalist") den Vorzug geben. Auch in den anderen beiden Kategorien konnte sich der Film nicht durchsetzen.

Häftlinge lernen sich neu kennen

"Sing Sing", in dem gleichnamigen Knast wurde unter anderem der knallharte Gangster-Streifen "Kiss of Death" mit Nicolas Cage gedreht, erzählt die überraschend klischeearme, sehr emotionale Geschichte von Häftlingen, die ein kunstorientiertes Rehabilitationsprogramm als Chance nutzen. Sie spielen und beschäftigen sich mit Theaterstücken und entdecken dadurch kreative, unbekannte Seiten an sich und schöpfen wieder Mut und Hoffnung, großmütig statt gewalttätig zu sein. Oder, wie es ein Teilnehmer ausdrückt:

"Wir sind hier, um wieder Menschen zu werden. Und die Dinge zu genießen, die nicht Teil unserer Realität sind." Filmszene

Der Großteil der Besetzung besteht aus Laiendarstellern, ehemaligen Insassen Sing Sings, die an dem Rehabilitationsprogramm teilgenommen haben und heute frei sind. Das trägt zweifelsohne zur Authentizität des Films bei.

Neue Kraft dank Theater

Herausragend ist aber auch der Hauptdarsteller Colman Domingo, der für seine Leistung hochverdient eine Oscarnominierung erhielt. Er spielt John, der unschuldig im Gefängnis sitzt, verurteilt für einen Mord, den er nicht begangen hat, und dem die Arbeit in der Theatergruppe Kraft gibt, weiter seine Unschuld zu beweisen. Als er wieder mal vor einem Ausschuss sitzt, der über seine mögliche Entlassung entscheidet, erklärt er zunächst, was das Programm bedeutet:

"Es ist ein Programm, das ins Leben gerufen wurde, weil es uns hilft, unsere Gefühle besser zu verstehen und zu verarbeiten." Filmszene

Dass John ein überdurchschnittlich talentierter Schauspieler ist, der sogar auf Bühnenerfahrung in seiner Teenagerzeit zurückgreifen kann, ist jedoch nicht immer nur ein Vorteil. Bei seiner Anhörung stellt die Vorsitzende nämlich diesbezüglich auch die Frage nach seiner Glaubwürdigkeit:

"Mr. Whitfield, seit Ihrer Inhaftierung haben Sie an zahlreichen Programmen teilgenommen. Ich habe eine Frage zu dieser Theatergruppe: Welche Position haben Sie?"
"Manchmal spiele ich auch. Na ja, wie wir alle."
"Und wie ist das jetzt? Spielen sie uns gerade auch etwas vor?" Filmszene

"Sing Sing": Hochemotionale Gefängnisgeschichte

Neu in der Theatertruppe ist Divine Eye, ein knallharter Gangster, unter dessen rauer Schale ein hochintelligenter, sensibler Mensch steckt, der jedoch Schwierigkeiten hat, seine Straßengangstermentalität abzulegen. Mit John, der sich sehr um den Neuen bemüht, kommt es anfänglich zu verbalen Reibereien, aber nachdem diese geklärt sind, steht der nächsten Inszenierung nichts mehr im Wege. Und statt dem ollen Shakespeare gibt es eine wilde Mischung aus "Zurück in die Zukunft", "Halloween" und ein paar Piraten.

Wir können nicht sehen, was die Teilnehmer des Programms im realen Leben von "Sing Sing" auf die Bühne ihres umfunktionierten Speisesaals bringen. Aber, was der Film im Kino bietet, ist eine großartig inszenierte, hochemotionale Geschichte, in der die Hoffnung eine entscheidende Rolle spielt.

Sing Sing

Genre:
Drama
Produktionsjahr:
2023
Produktionsland:
USA
Zusatzinfo:
Mit Colman Domingo, Clarence Maclin, Sean San Jose und anderen
Regie:
Greg Kwedar
Länge:
107 Minuten
FSK:
ab 12 Jahren
Kinostart:
27. Februar 2025

Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Kultur | 27.02.2025 | 06:20 Uhr

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