Sci-Fi-History-Doku "Lola": Zwei Schwestern schreiben Geschichte um
Das Sci-Fi-Historiendrama erzählt von zwei erfindungsreichen Frauen, die den Verlauf des Zweiten Weltkriegs verändern - mit fatalen Folgen. Nicht nur die Idee, auch die Form macht "Lola" hoch originell.
Der Film des irischen Regisseurs Andrew Legge spielt um 1940 in Großbritannien. Die Schwestern Thom und Mars tüfteln an einer Maschine, die ihnen einen Blick in die Zukunft erlaubt. Sieht aus wie ein alter Fernseher, funktioniert auch so. Und was ist das Erste, das sie in der Zukunft sehen? David Bowie! Bei einem Auftritt 1969.
Damit sind die ersten zwei Bowie-Fans geboren, schon bevor der Star zur Welt kommt. Was für ein genialer Gag zu Beginn von "Lola"! Für den irischen Regisseur Andrew Legge kam auch nur Bowie in Frage: "Ich kann mir niemanden vorstellen, der ikonischer wäre für diese Ära der Nachkriegs-60er-Jahre-Popmusik. Ich hatte von vornherein David Bowie im Kopf. Daran gab es nie einen Zweifel."
Eingriff ins Zeitgeschehen mit fatalen Folgen
Erst nutzen die Schwestern ihre Erfindung also, um sich an der Popkultur von morgen zu erfreuen und im Pferderennen zu gewinnen. Dann aber attackieren die Deutschen England.
Thom und Mars beginnen nun, mit Hilfe von "Lola" ins Geschehen einzugreifen, indem sie dem Militär Angriffsziele der Deutschen voraussagen. Ein junger Leutnant wird zum Mittelsmann.
"Lassen Sie’s mich versuchen, Sir. Gewähren Sie Ihnen Zugriff auf den Militärfunk unter meiner Aufsicht."
"Das verstößt gegen die Vorschrift."
"Ich wette um eine Flasche Champagner, dass diese Maschine korrekte Vorhersagen macht."
Filmszene
Und so wird Geschichte umgeschrieben, bevor sie passiert. Mit fatalen Folgen, so viel sei verraten, weil aus guter Absicht nicht zwangsläufig etwas Gutes entsteht.
Historischer Look dank alter Kameras
Auch formal ist "Lola" hoch originell. Ein Pseudo-Dokumentarfilm, den - in der Logik des Films - die Schwester Mars mit ihrer Kamera gedreht und mit Archivaufnahmen angereichert hat. Der Look ist dementsprechend historisch: Grobkörnige, sprunghafte Schwarz-Weiß-Bilder und Nachrichtenfilme im Wochenschau-Format. Ein ungeheurer Aufwand, die Bilder so alt aussehen zu lassen, möchte man meinen. War es aber gar nicht, verrät Regisseur Legge, weil er einfach historische, Handkurbel betriebene Kameras benutzt hat: "Wir haben so viel wie möglich mit der Technologie gedreht, die sie damals benutzt hätten. Inklusive der Objektive und des Filmmaterials. So haben wir den Flimmer-Effekt auf natürliche Weise bekommen. Da brauchte es gar keine große Nachbereitung."
Die angeblichen Aufnahmen von Mars sind geschickt mit Archivmaterial verwoben, in das - nun aber doch mit Hilfe moderner Computertechnik - die Schauspieler hineinmanipuliert wurden. So entsteht die perfekte Illusion historischer Dokumentarbilder.
Gegenwart verändern? Lieber aus der Vergangenheit lernen!
Andrew Legge gewinnt seinem verrückten Story-Konstrukt noch einige richtig gute Pointen ab - auch musikalischer Art. Sensationell, wenn die Schwestern vor staunendem 40er-Jahre-Publikum "You Really Got Me" von den Kinks rocken. Ahnt ja keiner, dass der Hit aus der Zukunft geklaut ist. Aber es gibt auch tragikomische Wendungen in "Lola". Weil es im Kino wie in der Literatur noch nie segensreich war, den Verlauf der Geschichte nachträglich oder auch vorausschauend ändern zu wollen.
Ob Regisseur Legge sich wünschen würde, dass jemand aus der Vergangenheit mal unsere Krisen-behaftete Gegenwart verändern würde? Knifflige Frage, meint er, denn er könnte auch alles noch schlimmer machen. Dann vielleicht doch lieber aus der Vergangenheit lernen. Das nämlich ist die sehr aktuelle Conclusio, die sich aus dieser fulminant gefakten Sci-Fi-History-Doku ziehen lässt.
Lola
- Genre:
- Science-Fiction | Drama
- Produktionsjahr:
- 2022
- Produktionsland:
- Irland | Vereinigtes Königreich
- Zusatzinfo:
- Mit Emma Appleton, Stefanie Martini, Rory Fleck-Byrne u.a.
- Regie:
- Andrew Legge
- Länge:
- 79 Minuten
- FSK:
- ab 12 Jahre
- Kinostart:
- 28. Dezember 2023