"Ingeborg Bachmann - Reise in die Wüste": Geschichte einer Hassliebe
Margarethe von Trottas Film "Ingeborg Bachmann - Reise in die Wüste" zeichnet die schwierige Beziehung der Dichterin zu ihrem Schriftstellerkollegen Max Frisch nach. Vicky Kriebs und Ronald Zehrfeld spielen intensiv, doch der Film steckt auch voller Klischees.
"Kommen Sie, reden wir heute nicht über Literatur."
"Worüber reden wir dann?"
"Über ihr Lächeln…"
Dialog aus: "Ingeborg Bachmann - Reise in die Wüste"
Ja, auch bei zwei intellektuellen Schwergewichten wie Ingeborg Bachmann und Max Frisch ging es am Anfang ganz romantisch zu. Frisch wird von einem ausgesprochen fülligen Ronald Zehrfeld dargestellt, was der Schauspieler bei der Regisseurin Margarethe von Trotta auch von Beginn an zu bedenken gab: "Ich sagte zu ihr: Max Frisch ist schon ein bisschen schmaler als ich. Und wenn ich dein Drehbuch sehe, hat das aber nichts mit 'Homo Faber' oder 'Gantenbein' zu tun, sondern der ist schon ein ganz schönes Arschloch. Erzähl mir doch mal ein bisschen was dazu. Dann sagte sie: Ich wusste von Anfang an, dass ich dich haben will. Weil deine Sensibilität es eher schafft, diese Texte zwischen den Zeilen zu bedienen und zu zeigen: Was passiert da?"
"Ingeborg, ich kann mein Tagebuch nicht mehr finden"
Was da passiert ist, dass die Liebe zweier Menschen, für die beide das Schreiben lebensnotwendig ist, abhandenkommt. Die Beziehung läuft aus dem Ruder, ufert ins Selbstzerstörerische aus. Über Jahre dauert diese Hassliebe, sie wird in Zürich, Paris und Rom ausgelebt, Grenzen werden immer wieder überschritten:
"Ingeborg, ich kann mein Tagebuch nicht mehr finden."
"Ich habe es verbrannt."
"Du hast was?"
"Du hast kein Recht über mich zu schreiben."
"Aber du bist Teil meines Lebens."
"Ein Schriftsteller lebt von der Sprache und nicht von dem Leben anderer Leute. Schon gar nicht von dem seiner eigenen Frau!"
"Ach."
Dialog aus: "Ingeborg Bachmann - Reise in die Wüste"
Wüstentrip zur Selbstfindung
Auch nach der Trennung geht Ingeborg Bachmann Max Frisch nicht aus dem Kopf. Sie unternimmt mit einem Freund die titelgebende Reise in die Wüste, um ihre innere Balance wiederzufinden.
Zu den Texten des 2022 veröffentlichten und von Bachmanns Geschwistern genehmigten Buches "Wir haben es nicht gut gemacht" mit 297 Briefen über die Liebes-und Arbeitsbeziehung der beiden Literaten hatte die Regisseurin keinen Zugang. Vielleicht wäre ihr Bild von Ingeborg Bachmann dann anders ausgefallen.
Ronald Zehrfeld: "Die haben sich nichts geschenkt"
So oder so findet Schauspieler Ronald Zehrfeld, dass seine Figur des Max Frisch im Film nicht schlechter wegkommt als seine Partnerin: "Die haben auch nur mit Wasser gekocht und schenken sich da echt nichts. Ingeborg hat einen ganz schönen Schuss und Max Frisch auch. Er wäre vielleicht gern Homo Faber oder Max Gantenbein gewesen, mit deren Freiheit und Kraft, aber er scheitert an seiner eigenen Egozentrik und am Besitzstandsdenken."
Wirklich gescheitert ist der Film "Ingeborg Bachmann - Eine Reise in die Wüste" nicht. Er ist traumhaft ausgestattet, besticht durch intensive Szenen des Zusammenspiels zwischen Vicky Kriebs und Ronald Zehrfeld. Aber diese Geschichte des Scheiterns einer Künstlerbeziehung steckt leider auch voller Klischees.
Ingeborg Bachmann - Reise in die Wüste
- Genre:
- Drama
- Produktionsjahr:
- 2023
- Produktionsland:
- Schweiz, Österreich, Deutschland, Luxemburg
- Zusatzinfo:
- Mit Vicky Krieps, Ronald Zehrfeld, Tobias Resch, Basil Eidenbenz, Luna Wedler u.a.
- Regie:
- Margarethe von Trotta
- Länge:
- 110 Minuten
- FSK:
- ab 0 Jahren
- Kinostart:
- 19. Oktober