Szene aus dem Film "Gloria!" © Neue Visionen

"Gloria!" im Kino: Klassik trifft auf modernen Feminismus

Stand: 28.08.2024 06:00 Uhr

"Gloria!" ist das Regiedebüt der italienischen Sängerin Margherita Vicario. Es erinnert ein wenig an das Musical "Stomp" - nur im historischen Gewand.

von Anna Wollner

Chor-Mädchen in einfachen Kleidern singen Acappella. Dazu sieht man - ganz im Rhythmus der Musik - die anstrengenden Arbeiten der einfachen Mägde: das Polieren eines Kessels, das Fegen des Hofes, das Ausschlagen nasser Bettlaken, das Schrubben von Wäsche, das Schneiden von Sellerie, das Klappern von Kochgeschirr. Die Mädchen und Frauen leben im Kollegium Sant Ignazio Ende des 18. Jahrhunderts, einem fiktiven Ort, angelehnt an die vier Bildungseinrichtungen in der Nähe Venedigs, in denen verwaiste Mädchen eine musikalische Ausbildung erhalten haben, und zu Chormädchen wurden, um in Gottesdiensten eingesetzt zu werden. Ein Ort, der hohen Besuch erwartet:

"Ich will ein Konzert zu Ehren von Papst Pius des 7. ausrichten, und ihr schreibt es. Ihr seid doch des Komponierens noch mächtig."
"Natürlich."
"Und warum bekommen wir sonntags immer dasselbe zu hören und niemals was Neues?" Filmszene

Schreiben und Dirigieren soll das Konzert zu Ehren des Pontifex der unfähige und alte Kappellmeister.

Die fünf Protagonistinnen des Films sind Lucia, Bettina, Marietta, Prudenza - allesamt Chormädchen - und die angeblich untalentierte, stumme Teresa, die in einer Abstellkammer ein Pianoforte entdeckt und durch ihre Liebe zur Musik langsam die Anerkennung der anderen Mädchen gewinnt.

"Gloria!": Ein Film mit viel Interpretationsspielraum

Szene aus dem Film "Gloria!" © Neue Visionen
Ganz neue (feminine) Töne: In einer alten Musikschule vereint sich um die musikalisch virtuose Dienstmagd Teresa (Galatéa Bellugi) ein außergewöhnliches Quartett junger begabter Frauen.

"Gloria!" - in Anlehnung an Vivaldis "Gloria in Excelcis Deo", das er 1715 im "Ospedale della Pietà" in Venedig komponierte, erzählt mit einer fiktiven Geschichte, aber präzise in einen historischen Kontext gebettet, von all jenen jungen Mädchen und Frauen, die musizierten, aber immer im Schatten der berühmten Männer standen. Das Regiedebüt der italienischen Sängerin Margherita Vicario spielt dabei nicht nur stilsicher mit den Konventionen des historischen Kostümfilms, sondern auch mit der Musik. Klassik trifft auf Moderne, die jungen Frauen im Keller entdecken den Jazz, es gibt Anspielungen und Referenzen an Blues und die italienische Popmusik der Gegenwart. Teresa ist eine Singer-Songwriterin im sittsamen und für Frauen gefährlichen Umfeld der katholischen Kirche.

Es sind vor allem der Sound, die Rhythmen, die revolutionär-feminine Interpretation der Musikgeschichte, die "Gloria!" zu einem Ereignis werden lassen. Ein Film, der viel Interpretationsspielraum darüber gibt, wie es auch hätte sein können, wenn Frauen und Mädchen schon damals gehört worden wären.

Gloria!

Genre:
Drama, Historie, Musik
Produktionsjahr:
2024
Produktionsland:
Italien, Schweiz
Zusatzinfo:
mit Galatea Bellugi, Carlotta Gamba, Veronica Lucchesi u.a.
Regie:
Margherita Vicario
Länge:
124 Minuten
FSK:
ab 12 Jahren
Kinostart:
29. August 2024

Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Der Morgen | 28.08.2024 | 06:00 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Spielfilm

Alles steht Kopf 2 © 2023 Disney/Pixar. All Rights Reserved.

Filme 2024: Diese Highlights kommen ins Kino

2024 locken Blockbuster wie "Alles steht Kopf 2" und "Gladiator 2" ins Kino. Auch von Nora Fingscheidt, Ridley Scott und vom "Joker" gibt's Neues. mehr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung © NDR Kultur

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Mehr Kultur

Der Verkäufer, Guido, hält die Ausgabe zum 30. Geburtstag des Asphalt-Magazins in der Hand. © Asphalt-Magazin Foto: Mario Biele

"Asphalt, das Straßenmagazin": Chance auf würdevolle Arbeit

Die Zeitung gibt Obdachlosen eine Perspektive - seit mittlerweile 30 Jahren. Doch wie geht es im digitalen Zeitalter weiter? mehr