Szene aus dem Film "Gloria!" © Neue Visionen

"Gloria!" im Kino: Klassik trifft auf modernen Feminismus

Stand: 31.08.2024 09:00 Uhr

"Gloria!" ist das Regiedebüt der italienischen Sängerin Margherita Vicario. Es erinnert ein wenig an das Musical "Stomp" - nur im historischen Gewand. Nun läuft er im Kino.

von Anna Wollner

Chor-Mädchen in einfachen Kleidern singen Acappella. Dazu sieht man - ganz im Rhythmus der Musik - die anstrengenden Arbeiten der einfachen Mägde: das Polieren eines Kessels, das Fegen des Hofes, das Ausschlagen nasser Bettlaken, das Schrubben von Wäsche, das Schneiden von Sellerie, das Klappern von Kochgeschirr. Die Mädchen und Frauen leben im Kollegium Sant Ignazio Ende des 18. Jahrhunderts, einem fiktiven Ort, angelehnt an die vier Bildungseinrichtungen in der Nähe Venedigs, in denen verwaiste Mädchen eine musikalische Ausbildung erhalten haben, und zu Chormädchen wurden, um in Gottesdiensten eingesetzt zu werden. Ein Ort, der hohen Besuch erwartet:

"Ich will ein Konzert zu Ehren von Papst Pius des 7. ausrichten, und ihr schreibt es. Ihr seid doch des Komponierens noch mächtig."
"Natürlich."
"Und warum bekommen wir sonntags immer dasselbe zu hören und niemals was Neues?" Filmszene

Schreiben und Dirigieren soll das Konzert zu Ehren des Pontifex der unfähige und alte Kappellmeister.

Die fünf Protagonistinnen des Films sind Lucia, Bettina, Marietta, Prudenza - allesamt Chormädchen - und die angeblich untalentierte, stumme Teresa, die in einer Abstellkammer ein Pianoforte entdeckt und durch ihre Liebe zur Musik langsam die Anerkennung der anderen Mädchen gewinnt.

Weitere Informationen
Eine junge Frau mit dunklen langen Haaren steht mit rotem Tuch vor einer bunten Wand - Margherita Vicario (Musikerin und Regisseurin) © Aurore Marechal/ABACAPRESS.COM Foto: Aurore Marechal

Margherita Vicario über ihren musikalischen Debütfilm "Gloria!"

Die römische Musikerin und Schauspielerin vereint ihre zwei Leidenschaften: Musik und Film. Den Soundtrack hat die 36-Jährige gleich mitkomponiert. mehr

"Gloria!": Ein Film mit viel Interpretationsspielraum

Szene aus dem Film "Gloria!" © Neue Visionen
Ganz neue (feminine) Töne: In einer alten Musikschule vereint sich um die musikalisch virtuose Dienstmagd Teresa (Galatéa Bellugi) ein außergewöhnliches Quartett junger begabter Frauen.

"Gloria!" - in Anlehnung an Vivaldis "Gloria in Excelcis Deo", das er 1715 im "Ospedale della Pietà" in Venedig komponierte, erzählt mit einer fiktiven Geschichte, aber präzise in einen historischen Kontext gebettet, von all jenen jungen Mädchen und Frauen, die musizierten, aber immer im Schatten der berühmten Männer standen. Das Regiedebüt der italienischen Sängerin Margherita Vicario spielt dabei nicht nur stilsicher mit den Konventionen des historischen Kostümfilms, sondern auch mit der Musik. Klassik trifft auf Moderne, die jungen Frauen im Keller entdecken den Jazz, es gibt Anspielungen und Referenzen an Blues und die italienische Popmusik der Gegenwart. Teresa ist eine Singer-Songwriterin im sittsamen und für Frauen gefährlichen Umfeld der katholischen Kirche.

Es sind vor allem der Sound, die Rhythmen, die revolutionär-feminine Interpretation der Musikgeschichte, die "Gloria!" zu einem Ereignis werden lassen. Ein Film, der viel Interpretationsspielraum darüber gibt, wie es auch hätte sein können, wenn Frauen und Mädchen schon damals gehört worden wären.

Gloria!

Genre:
Drama, Historie, Musik
Produktionsjahr:
2024
Produktionsland:
Italien, Schweiz
Zusatzinfo:
mit Galatea Bellugi, Carlotta Gamba, Veronica Lucchesi u.a.
Regie:
Margherita Vicario
Länge:
124 Minuten
FSK:
ab 12 Jahren
Kinostart:
29. August 2024

Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Der Morgen | 28.08.2024 | 06:00 Uhr

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