Sebastião Salgado bei den Yali in Papua. © NDR/SWR/NFP/Juliano Ribeiro Salgado Foto: Juliano Ribeiro Salgado

Sebastião Salgado - ein Porträt aus zwei Perspektiven

Stand: 08.02.2024 08:30 Uhr

Der Fotograf Sebastião Salgado prangert mit seinen Fotos Umweltzerstörung, Krieg und soziales Elend an. "Das Salz der Erde" zeigt das Lebenswerk Salgados aus zwei Perspektiven: die des Fotografen Juliano Salgado, seinem Sohn, und die des Regisseurs Wim Wenders.

von Bettina Peulecke

Wim Wenders macht keine Dokumentarfilme, um Missstände anzuprangern oder Menschen zu demaskieren. Im Gegenteil: Wenn er etwas oder jemanden besonders mag, möchte er das mit seinen Zuschauern teilen. Das war bei der Musik von "Buena Vista Social Club" so, beim Tanz von "Pina" Bausch und jetzt bei dem Werk des brasilianischen Fotografen Sebastião Salgado. Zusammen mit Juliano Salgado, dem Sohn des Fotografen hat Wim Wenders "Das Salz der Erde" produziert.

Von den Brennpunkten der Erde zur Naturfotografie

Fotografie Juliano Ribeiro Salgados aus dem Dokumentarfilm"Das Salz der Erde" © Juliano Ribeiro Salgado / NFP Foto:  Juliano Ribeiro Salgado
Fotograf Sebastião Salgado bei den Yali in Papua.

Die Schwarz-Weiß-Bilder von Sebastiao Salgado sind von unendlicher Schönheit. Sie erzählen vielfach von unendlichem Leid. Auf der großen Leinwand entfalten sie eine geradezu monumentale Wucht. Jahrzehntelang hat der Brasilianer Bilder von Kriegen, Flucht und Vertreibungen, Hungersnöten und Umweltkatastrophen auf der ganzen Welt gemacht. Nach all dem Elend wandte er sich der Naturfotografie zu.

Eine aufreibende, aber kreative Zusammenarbeit

"Das Salz der Erde" zeigt Salgados Lebenswerk, aus zwei Perspektiven von zwei Regisseuren: Der Sohn Salgado war mit ihm unterwegs, Wim Wenders, der Außenstehende hat ihn hauptsächlich in seinem Zuhause in Brasilien und in Paris getroffen. Im Schnitt haben die beiden gemerkt, dass ihre Arbeitsweise zwangsläufig auf zwei verschiedene Filme hinaus laufen würde:

"Und dann haben wir halt gelernt", erklärt Wenders, "dass wir über unseren Schatten springen müssten und das gemeinsam einen Film über diesen Mann zu machen schon hieß, dass wir die Hoheit über unser eigenes Material aufgeben müssen und dass ich Juliano schneiden lassen würde an meinem Zeug, und dass ich bei ihm herumfuhrwerken würde. Und dass wir letzten Endes vergessen müssten, wer was gemacht hat. Das war ein schmerzhafter Prozess, da haben wir beide viel gelernt. Da haben wir beide auch ganz schön Wunden geleckt. Und dann haben wir gemerkt: Es hat sich gelohnt. Es war gut."

Falsch, das ist nicht gut: Das "Salz der Erde" ist brillant. Tief berührend und gnadenlos mitreißend. In die Höhen einzigartiger Naturschauspiele ebenso wie in die Tiefen menschlicher Abgründe. Salgado gilt als Meister der Sozialfotografie und hatte immer mit dem Vorwurf der Ästhetisierung des Elends zu kämpfen. Ein Kritikpunkt, den Wenders kategorisch ausblendet: "Es läuft ja letzten Endes auf die Frage hinaus, ob man Elend zeigen darf. Und wenn man es zeigt, wie darf man es dann zeigen? Und wenn es Kritik gibt, dass Salgado das Elend zu schön zeigt, dann ist halt die Frage, ja wie denn sonst?"

Die Erfindung für die Unmittelbarkeit

Geradezu genial ist eine Erfindung des Regisseurs, die ihn als "Zwischenschaltstelle" und Übersetzer überflüssig macht. Wenders wollte nicht immer derjenige sein, dem Salgado seine Geschichten erzählte. Stunden von Material mit Wenders und dem Fotografen beim Betrachten und Erläutern seiner Bilder hat der Regisseur einfach nicht benutzt: "Dann haben wir das ganz weggelassen, und dann habe ich halt diesen Telepromter erfunden, und diese Dunkelkammer, wo der Fotograf mit seinem Werk alleine ist und über den Telepromter, auf den das Bild geworfen ist direkt in die Kamera reden kann und wo dann die Wege ganz kurz sind, zwischen dem Zuschauer und dem Mann und seinen Geschichten und diesen Bildern."

Dadurch entsteht eine größtmögliche Intimität. Der Zuschauer sieht, was der Fotograf sieht beim Betrachten seiner Bilder und dem Erinnern an die Geschichten. Salgado ist ein begnadeter Erzähler und Wim Wenders sein uneingeschränkter Bewunderer. Doch dieser Film ist keine Hommage - das wäre untertrieben: "Ich kannte die Arbeiten seit langen Jahren, hatte jede Ausstellung gesehen, hatte jedes Buch. Es war also schon von Anfang an eine Liebeserklärung, das muss ich schon sagen," so Wenders.

Das Salz der Erde

Genre:
Dokumentarfilm
Produktionsjahr:
2014
Produktionsland:
Frankreich, Brasilien
Zusatzinfo:
Wim Wenders, Sebastião Salgado, Juliano Ribeiro Salgano
Veröffentlichungsdatum:
2014
Regie:
Wim Wenders, Juliano Ribeiro Salgado
Länge:
110 min
FSK:
ab 12 Jahre
Kinostart:
30. Oktober 2014

Dieses Thema im Programm:

NDR Info | 29.10.2014 | 06:20 Uhr

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Dokumentarfilm

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