Filmfest Venedig: "Poor Things" gewinnt Goldenen Löwen
Er galt als Favorit: Der Film "Poor Things" des griechischen Regisseurs Giorgos Lanthimos erhielt beim 80. Filmfest in Venedig den Goldenen Löwen. 23 Filme waren im Rennen, darunter auch eine deutsche Produktion des Regisseurs Timm Kröger.
In "Poor Things" geht es um Bella, eine junge schöne Frau, die sich wie ein Baby benimmt. Denn ein unkonventioneller Wissenschaftler, dargestellt von Willem Dafoe, hat ihr das Gehirn ihres ungeborenen Kindes eingepflanzt.
Großes Lob für Emma Stone
Emma Stone brilliert in dem schrägen Frankenstein-Märchen, in dem eine Tote wiederbelebt wird und der Zuschauer in bildgewaltigen Szenen mitverfolgen kann, wie sie lernt, zu sprechen, sich zu bewegen und sich als Frau zu emanzipieren. Der griechische Regisseur Giorgos Lanthimos preist in seiner Dankesrede für den Goldenen Löwen seine Hauptdarstellerin: "Dieser Film ist vor allem die Hauptfigur Bella Baxter, dieses unglaubliche Wesen, und sie würde ohne Emma Stone nicht existieren - ein weiteres unglaubliches Wesen."
Hollywood-Streik war deutlich spürbar
Die amerikanische Oscar-Preisträgerin kam wegen des Streiks der Drehbuchautoren und der Schauspieler in den USA nicht nach Venedig an den Lido, wie viele andere ihrer Kolleginnen und Kollegen. Das hat zwar die Filmfestspiele beeinträchtigt und der 80. Ausgabe einen anderen Touch gegeben, aber die Jury, so sagte ihr Präsident Damien Chazelle, war beeindruckt von der Bandbreite der Filme. Den Großen Preis vergab sie an die japanische Produktion "Evil does not exist", in dem Regisseur Ryusuke Hamaguchi ein Dorf abbildet, in dessen Nähe ein glamouröses Camping-Ressort gebaut werden soll, das das ökologische Gleichgewicht des Dorfes bedrohen würde.
Zwei Preise für Flüchtlingsdramen
Das Festival zeichnete auch zwei Flüchtlingsdramen aus. In "Io Capitano" wird die Flucht zweier junger Männer aus dem Senegal erzählt, die auf ihrem Weg nach Europa Grauenvolles erleben. Dafür erhielt der italienische Regisseur Matteo Garrone den Silbernen Löwen für die beste Regie. Er wolle ein Vermittler ihrer Geschichten sein, er habe sich von seinen Protagonisten führen lassen. "Das geschieht durch ihren Standpunkt, durch ihren Blickwinkel, also in einer Art Gegenbild im Vergleich zu dem, was wir hier im Westen zu sehen gewohnt sind," so Garrone.
Auch "Priscilla" - ebenfalls ein Favorit - bekommt Auszeichnung
Den Spezialpreis bekam die polnische Regisseurin Agnieszka Holland für "Zielona Granica" - Grüne Grenze. Erzählt wird das Flüchtlingsdrama an der polnisch-belarussischen Grenze, aus dreierlei Perspektiven. Als bester Hauptdarsteller wurde Peter Sarsgaard ausgezeichnet, für seine Rolle eines Demenzkranken in "Memory". Beste Schauspielerin war in den Augen der Jury die 25-jährige Cailee Spaeny, die in "Priscilla" die Ehefrau von Elvis Presley verkörpert.
"Priscilla vertraute mir etwas wirklich Komplexes, Subtiles, Schwieriges und Persönliches an," erzählt Darstellerin Cailee Spaeny "und ich war überwältigt von der Verantwortung und dem Versuch, diesen heiklen Abschnitt ihres Lebens zu würdigen." Der Löwe für das beste Drehbuch ging an die chilenische Geschichtsparabel "El conde" von Pablo Larraín.
Kein Löwe, dafür aber eine andere Auszeichnung für deutsche Produktion
23 Filme waren im Rennen um die begehrten Preise des ältesten Filmfestivals der Welt. Innerhalb der Jury, so verriet Präsident Chazelle nach der Verleihung, habe es eine Bandbreite der Reaktionen gegeben - leidenschaftlich, unterschiedlich und mitunter auch heftig. Die deutsche Produktion "Die Theorie von allem" erhielt zwar keinen Löwen. Filmemacher Timm Kröger verriet im Interview mit NDR Kultur aber, dass sein Film "Die Theorie von allem" den Preis für den besten Film des Jahres von einem Verband unabhängiger Filmkritiker, unter anderem auch aus Deutschland, erhalten habe.