Flucht, Trauer, Trennung: Kinder-Sachbücher für schwierige Themen
Kinder können mit Hilfe von Büchern in Fantasiewelten eintauchen. Dagegen thematisieren Sachbücher für Kinder die schnöde Wirklichkeit, mit oft harten Themen - aber durchaus einfühlsam.
"Vorsicht, frisch geschieden!" von Frauke Angel
"Ein Scheidungsratgeber für Kinder? Echt jetzt? Echt!" So beginnt Frauke Angels wirklich wichtiges Buch - denn, so besagt die Statistik, jedes Jahr sind in Deutschland 120.000 Kinder von Scheidungen betroffen. Dass all diese Kinder nicht so allein sind, wie sie oft denken, sondern dass in der Schulklasse, Kindergartengruppe oder auf dem Spielplatz viele Trennungskinder sind, ist die erste tröstliche Botschaft dieses Buchs. Einfach mal in die Runde fragen und Schicksalsgenossen finden. Das hat Frauke Angel, selbst doppeltes Scheidungskind, gemacht - und ihr Buch gemeinsam mit einem ganzen "Club der geschiedenen Leute" geschrieben. Die Geschichten und Erfahrungen dieser Kinder sind hier nachzulesen, witzig illustriert und immer mal wieder mit einem Fun Fact garniert, damit es nicht deprimierend wird - wie von der kürzesten Ehe Deutschlands (neun Stunden!). Das Allerwichtigste, das die Autorin den Kindern mitgibt: Ihr seid nicht schuld! Unter den Top-Ten-Trennungsgründen ist der Nachwuchs nicht zu finden. Sachlich und zugewandt zugleich stellt sie in diesem Ratgeber die verschiedenen Wohnmodelle nach der Scheidung vor, erzählt vom Trennungsjahr, von Kinderrechten und Elternpflichten und von dem, was wirklich auf dem Amtsgericht passiert, wenn die Scheidung wirksam wird.
Zwei essentielle Listen - "Tipps für Kinder, deren Eltern sich trennen" und "Tipps für Eltern, die sich trennen" - machen "Vorsicht, frisch geschieden!" zu einem echten Survival-Buch. Was der "Club der geschiedenen Leute" unverblümt erzählt und sich wünscht, das sollte auch für viele Eltern Pflichtlektüre sein.
"Wir mussten flüchten" von Christoph Drösser
Genau wie Scheidung und Trennung gehört auch das Thema Flucht in zunehmendem Maße zur Lebenswirklichkeit unserer Kinder dazu. In vielen Schulklassen sitzen geflüchtete Kinder. Mehr als 100 Millionen Menschen sind zurzeit auf der Flucht, die Hälfte von ihnen Kinder. Einige persönliche Geschichten sind in "Wir mussten flüchten" zu lesen: Von Amena aus Syrien, die von Schleusern in einem überfüllten Boot aufs Mittelmeer geschickt wird, oder von Nyaboth aus Südsudan, die vor dem Bürgerkrieg in ein Flüchtlingslager in Äthiopien fliehen muss, wo sie immer noch lebt. Fundiert und schnörkellos erklären Autor und Illustratorin die Genfer Flüchtlingskonvention, die häufigsten Fluchtgründe, woher und wohin die größte Zahl der Menschen flüchtet. Und dass die meisten in ihre Heimat zurück möchten, aber oft nicht können. Christoph Drösser und Nora Coenenberg schildern das Leben in Flüchtlingslagern. Mit Schaubildern verdeutlichen sie, wie viele Menschen aus Deutschland tatsächlich abgeschoben werden. Sehr lohnenswert, auch für Ältere, die Argumentationsstoff brauchen, ist das Kapitel über Vorurteile - die hier Stück für Stück zerpflückt werden. Und sehr praxisnah die Perspektive der hier lebenden Kinder: Wie können sie den Neuankömmlingen helfen, wie mit ihnen umgehen? Und ist es okay, sich auch mal überfordert zu fühlen?
"Wie Tiere trauern" von Hanna Müller und Carla Swiderski
"Wie Tiere trauern" - klingt etwas kitschig, sieht auch so aus, mit Regenbogen und Pferd in Hügellandschaft auf dem Einband. Aber diese Illustrationen führen in die Irre. Das Sachbuch geht auf vielfältige und selbstverständliche Weise mit den Themen Trauer und Tod um. Hier wird ganz nebenbei das limbische System erklärt - der Bereich im Hirn, der für Gefühle zuständig ist -, das Sozialverhalten von Gänsen erklärt, oder es werden Mythen aus der Welt geschafft: Elefanten gehen beispielsweise nicht auf den sogenannten Elefantenfriedhof, um dort zu sterben. Ein spannendes Buch, das Kinder vom eigenen Kummer ablenken kann. Besonders die Geschichte eines besonderen Katers: In einem US-amerikanischen Pflegeheim gesellte sich Oscar immer zu dem oder derjenigen unter den Bewohnern, der in den nächsten Stunden sterben würde, und spendete ihnen Trost.