NDR Sachbuchpreis: Die nominierten Bücher auf der Longlist
Die Sachbücher auf der Longlist behandeln Klima- und Umweltfragen, Wirtschaftspolitik, Künstliche Intelligenz, soziale Ungleichheit, Protestkultur und Demokratieverständnis bis hin zur Erforschung von Krieg und Gewaltphänomenen.
2 | 10 Teresa Bücker zeigt die politische Dimension von Zeit auf - heute und in der Zukunft. Für die Menschen im Arbeitsdauerstress, in der Care-Arbeit, in der ständigen Erreichbarkeit. Wer Zeit hat, hat Macht, wer zu viel Zeit hat, hat Ohn-Macht. Warum Zeit, auch Arbeitszeit gerechter verteilt werden muss, warum das nicht nur eine Frage der Ungleichheit zwischen Mann und Frau ist, sondern gesellschaftliche, soziale Implikationen hat - all das ist zu lesen in diesem relevanten Buch mit dem wunderschönen Titel: "Alle Zeit". Es klingt nach Versprechen und Forderung zugleich, ein Buch, für dessen Lektüre auf jeden Fall Zeit sein muss.
3 | 10 Claudia Kemfert löst ein, was der Titel ihres Buches "Schockwellen" verspricht. Sie hat einen kämpferischen Appell für einschneidende Entscheidungen geschrieben. Kriegsschock, Energieschock, Preisschock - wie hatte es nur so weit kommen können? Drastisch beschreibt Claudia Kemfert die Entwicklungslinien hin zur Eskalation eines "fossilen Energiekrieges". Sie zeichnet nach, wie Fehlannahmen und Wissenschaftsfeindlichkeit von Entscheidungsträgern die aktuelle Lage herbeigeführt haben. Dabei argumentiert die Wissenschaftlerin aus ihrer persönlichen Perspektive als Politikberaterin. Ihr Debattenbeitrag zu einer der drängendsten gegenwärtigen Zukunftsfragen: "Wie es endet, liegt an uns".
5 | 10 Hanno Sauer erklärt den schillernden Begriff Moral zum roten Faden, der Menschen mehr oder weniger unausgesprochen verbindet. Erzählerisch bewegt Sauer sich durch die Geschichte, traktiert Umbauten ethisch-moralischer Konstrukte und seziert politische Polarisierungen der Gegenwart. Der Philosoph ist überzeugt, dass die tief im Menschen verankerte Moral eine unverzichtbare und kostbare Kategorie ist. Ein kluges Sachbuch, anregend für nachhaltige Debatten, die ein breites Publikum adressieren.
9 | 10 In dem Buch "Bleibefreiheit" wagt Eva von Redecker etwas Erstaunliches: Sie beginnt, den Begriff "Freiheit" neu zu deuten. Nicht mehr auf eine räumliche, sondern eine zeitliche Dimension.
Was immer wir tun, es hat einen Effekt in der Zukunft - von dem Gedanken geht die Philosophin aus und entwickelt eine Denkspur jenseits früherer Klischees, die vielleicht vorläufig, aber mutig ist. Persönlich, aber analytisch und klar stößt Eva von Redecker mit ihrem Buch einen fälligen Diskurs neu an.
10 | 10 Warum China unbedingt als Weltmacht wahrzunehmen und vor allem mitzudenken ist, führt Susanne Weigelin-Schwiedrzik kompetent, aber vor allem nachvollziehbar aus. Die Autorin ist eine Kennerin Chinas - seit fast 50 Jahren besucht sie das Land. Eine geopolitische Ordnung der heutigen Zeit, gerade im Angesicht des Krieges in der Ukraine, müsse China miteinbeziehen - positiv wie negativ. Die Autorin lotet mit Rückgriffen auf die Geschichte aus, wie sich die EU zwischen den USA und China positionieren kann und sollte.