Die Bücher auf der Longlist des NDR Sachbuchpreises behandeln Fragen von der europäischen Geschichte, über Klimaschutz und Glaubensmodelle bis zu Rassismus.
Stand: 23.09.2022 | 06:00 Uhr
1 | 10 Stefan Creuzberger legt in seinem beinahe 700 Seiten langen Werk dar, wie sehr die Geschichte des 20. Jahrhunderts bis heute durch die wechselvolle Beziehung zwischen Deutschland und Russland geprägt war. Vom Verhältnis zwischen Zar Nikolaus II. und Wilhelm II. bis in die heutige Zeit. Anschaulich, verständlich und voller Hintergrundinformationen erzählt Creuzberger von großen Linien der Politik und kleinen Begegnungen. Wer den historischen Zusammenhang des aktuellen Krieges in der Ukraine und die Debatte um die deutsche Haltung dazu verstehen will, bekommt mit diesem Buch ein umfassendes Bild.
© Rowohlt Verlag
2 | 10 Grünes Wachstum? Ulrike Herrmanns Buch "Das Ende des Kapitalismus" räumt auf mit dem Glauben, dass wir das "Immer mehr" unseres Wirtschaftssystems immer sauberer gestalten können. Die Segnungen der vergangenen 250 Jahre sieht sie durchaus und manche linken Stereotype über den Kapitalismus entkräftet Ulrike Herrmann überraschend originell. Aber weil Ressourcenverbrauch das innere Prinzip des Kapitalismus ist, komme er in der Klimakrise an seine Grenzen. Es kann nur mit Verzicht und klaren Vorgaben gehen, behauptet Ulrike Herrmann. Wenn überhaupt, dann gehe es um "Grünes Schrumpfen" - anders sei die Klimakrise nicht mehr aufzuhalten.
© Kiepenheuer & Witsch
3 | 10 Die beiden Autorinnen Franziska Davies und Katja Makhotina reisen in "Offene Wunden Osteuropas" zu den Erinnerungsorten des Zweiten Weltkriegs. In zehn Essays zeigen sie, wie wenig uns über die Gräueltaten von Wehrmacht und SS in Osteuropa bewusst ist. Putins Angriff auf die Ukraine wirft ein grelles Schlaglicht auf diese "offenen Wunden". Davies und Makhotina zeigen, wie die Erwartungen der Osteuropäer an Deutschland, die russische Propaganda und die polnischen Erinnerungen an den Weltkrieg unauflöslich miteinander zusammenhängen. Wenn Verständnis und Versöhnung wirklich eine Chance haben sollen, dann müssen wir den Blick noch einmal neu nach Osten wenden.
© wbg Theiss
4 | 10 In "Und jetzt du" zeigt Tupoka Ogette, den Alltagsrassismus im Kleinen und im Großen. Wir alle seien rassistisch sozialisiert und Rassismus befinde sich in jedem Bereich unseres Lebens. Die Autorin untersucht Formen des Rassismus - latent und diffus sowie versteckt und sichtbar. Dabei bemüht sie sich auch um Handlungsanweisungen im Alltag: Wie lässt sich Rassismus erkennen, wie konkret und praktisch vermeiden? Das Buch "Und jetzt du" versteht sich als produktiver Beitrag zur Rassismuskritik.
© Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH
5 | 10 Massimo Bognanni beleuchtet in seinem Werk "Unter den Augen des Staates - Der größte Steuerraub in der Geschichte der Bundesrepublik" das Versagen des Staates im Cum-Ex-Skandal. Er folgt der Staatsanwältin Anne Brorhilker, die es seit Jahren mit der weltweiten Finanzelite aufnimmt, um den Cum-Ex-Skandal aufzuarbeiten. Dabei wird offenbar: Der Staat war keinesfalls ahnungslos. Zahlreiche Finanzbeamte, Steuerfahnder, Amtsträger wussten von diesem Diebeszug, doch niemand setzte ihm ein Ende. Massimo Bognanni leuchtet die skrupellosen Machenschaften der Betrüger und das Staatsversagen tiefgehend und vollumfänglich aus - ein packend erzählter Wirtschaftskrimi, der unhaltbare Missstände in unseren Behörden und der Politik aufdeckt.
© dtv
6 | 10 Die Journalistinnen Susanne Götze und Annika Joeres decken in "Klima außer Kontrolle" auf, wie wenig Deutschland auf die Folgen des Klimawandels vorbereitet ist: Flussnahe Eigenheime sind oftmals kaum gegen Überschwemmungen gewappnet, Krankenhäuser kaum vor längeren Stromausfällen geschützt. Die Autorinnen zeigen Wege auf, wie wir künftig unser Überleben sichern könnten. Im Einklang mit der Natur - und nicht gegen die Natur.
© Piper Verlag
7 | 10 Hochmut, Selbstüberhebung und Vermessenheit - all das steckt im griechischen Wort Hybris. Für Johannes Krause und Thomas Trappe beschreibt "Hybris" die verhängnisvolle Haltung der Menschheit, die Erde den eigenen Bedürfnissen zu unterwerfen. Im 21. Jahrhundert zeigen sich die Folgen: Arten sterben, Ozeane versauern, die Temperaturen steigen, Böden versteppen. Der Mensch in seiner zügellosen Kraft ist zum ärgsten Feind seines eigenen Lebensraumes geworden. Wie aber lassen sich Klimaerwärmung, Ressourcenraubbau und Gefahren wie die Corona-Pandemie meistern? Johannes Krause und Thomas Trappe zeigen, was wir aus der Vergangenheit für unser Überleben lernen können - und welche Gefahren in der zügellosen Kraft des Menschen liegen.
© Propyläen
8 | 10 Esoterik ist längst kein Nischenthema mehr, sondern in der Mitte unserer vermeintlich rationalen Gesellschaft angekommen. Immer mehr Menschen suchen ihr "wahres Selbst" in esoterischen Heilsversprechen. Pia Lamberty und Katharina Nocun zeigen, wie die wachsende Anhängerschaft radikaler und politisierter wird. Sie beschreiben, wie Esoterik als Einstieg in rechtsextreme Gruppierungen funktioniert. Dieses Buch öffnet die Augen für esoterisches Gedankengut im Alltag und ermutigt dazu, esoterische Äußerungen nicht unwidersprochen zu lassen.
© Bastei Lübbe
9 | 10 "Vor dem Gesetz sind nicht alle gleich", stellt Ronen Steinke in seinem Buch fest und prangert auf knapp 300 Seiten die soziale Schieflage zwischen Arm und Reich im Strafsystem an. Der promovierte Jurist berichtet aus dem Inner Circle der deutschen Rechtsprechung. Er erklärt, wie man Geldstrafen als Spesen abrechnet oder warum Arbeitslose schneller in U-Haft kommen. "Je teurer der Verteidiger, desto unschuldiger der Angeklagte", konstatiert Steinke. Elegant wechselt er dabei von recherchierter Reportage zur akribischen Analyse. Die Kritik am deutschen Strafsystem wird so zum sonntäglichen Sofaschmöker und schafft eine Lobby für die, die es sich nicht leisten können, milder bestraft zu werden.
© Berlin Verlag
10 | 10 Als "Fritz, der Gorilla" am 20. August 2018 im Alter von 55 Jahren im Nürnberger Tiegarten starb, war er der älteste Gorilla Europas. Jenny von Sperber zeigt, wie sich die Menschenaffenhaltung während Fritz' über 50 Jahre langen Leben verändert hat. Als der Gorilla 1966 nach Deutschland kam, wurden Gorillakindern noch Löffel in die Hand gegeben, um aus Schüsseln zu essen. Im Laufe der Jahre habe man gelernt, die Gorillas soweit es geht Gorillas sein zu lassen. Und gleichzeitig festgestellt: Die sind uns viel ähnlicher als wir dachten.
© Hirzel Verlag