Kochbuch eines japanischen Bildhauers: "Man kann keine Steine essen"
Ein Koch- und Kunstbuch hat die Auszeichnung "schönstes Buch des Jahres" der Stiftung Buchkunst erhalten. Klar und schlicht wie japanische Kunst ist das Buch des japanischen Bildhauers Shinroku Shimokawa.
Groß muss nicht immer beeindruckend sein - und klein nicht immer unscheinbar. Das beweist dieses Buch in der Größe eines Taschenkalenders. Schlicht und auf das Nötigste reduziert liegt es da. Der Umschlag aus dunkelbeigem Karton. Darauf das Bild eines grauen geschliffenen Steins, in schwarzen, klaren serifenlosen Buchstaben der Name des Autors, Titel und Untertitel. Der Autor ist Shinroku Shimokawa. Der Titel: Man kann keine Steine essen - Kochbuch eines japanischen Bildhauers.
Kochen und Kunst gehören für den Bildhauer zusammen
Shimokawa ist Steinbildhauer, geboren und aufgewachsen in Tokio. Seit zehn Jahren lebt der 42-Jährige in Stuttgart. Wenn man über sein Kochbuch spricht, muss man auch über seine Kunst als Steinbildhauer sprechen. Denn beides gehört zusammen und sagt viel über ihn aus.
"In der Bildhauerei interessieren mich der Herstellungsprozess und die Eigenschaften von Material, Masse, Raum und Zeit", erklärt der Künstler. Was zunächst abstrakt klingt, offenbart sich schon beim ersten Durchblättern. Kurze Texte auf der einen, Fotografien auf der anderen Seite.
Besonders die Fotos begeisterten die Jury: "Die Materialwahl und die Drucktechnik zeigen, dass auf ein mattes Naturpapier gedruckte Bilder in bestimmten Fällen weit bestechender sein können als auf gestrichenem Bilderdruck."
Rezepte geben Einblick in die traditionelle japanische Küche
Shimokawa beschreibt aber nicht nur die Rezepte. Er gibt persönliche Einblicke in die japanische Tradition der Zubereitung von Speisen.
Er verbindet schnörkellos Geschichte und Gegenwart und gibt dafür ein Beispiel: "Bei der normalen Sushi-Rolle sind die Algenblätter draußen. Bei Uramaki kommen sie nach innen. Daher heißt sie Inside-Out-Rolle. Sie wurde in den Sechziger-Jahren in einem japanischen Restaurant in Kalifornien erfunden. Im traditionellen Sushi-Lokal in Japan gibt es sie nicht und ich habe sie auch zum ersten Mal in Deutschland gegessen."
Nicht nur Sushi-Rezepte in verschiedensten Ausführungen finden sich im 240 Seiten starken Buch - versteckt hinter einfachen Namen. So liest sich das Inhaltsverzeichnis wie der Streckenzettel im ICE zwischen Hamburg und Interlaken. Nur Ortsmarken. Kurz und bündig heißt es da: "Raps. Miso-Suppe. Reis. Teriyaki Fisch. Adlerfarn. Eltern-Kind-Schüssel. Sushi-Reis."
Shimokawa lässt Speisen magisch wirken
Unterteilt hat Shimokawa seine Gerichte in vier Jahreszeiten. Denn nicht immer gibt es in jeder Saison die besten Zutaten - und die machen schließlich gutes Essen aus. Wie seine Beschreibung der Speisen und Zutaten folgen die Fotos einer Logik. Werden fertige Gerichte fast freischwebend auf weißem Untergrund gezeigt, stellt Shimokawa die Zutaten und die Herstellung ganzseitig in realer Umgebung dar. So wird aus der wirklichen Herstellung von Zutaten ein magisch wirkendes Kunstwerk zum Essen.
Lässt man sich auf dieses klein erscheinende Buch ein, nimmt uns Shimokawa mit in eine andere Welt. "Man kann keine Steine essen" liefert mehr als nur Rezepte. Es schenkt einem Zeit mit einem ästhetisch beeindruckenden Buch, das wie ein kulinarisch-japanischer Zen-Garten für die Handtasche wirkt.
Man kann keine Steine essen
- Seitenzahl:
- 240 Seiten
- Genre:
- Bildband
- Zusatzinfo:
- vierfarbig, Schweizer Broschur, offene Fadenheftung, 15 × 21 cm
- Verlag:
- Prima.Pressetext
- Bestellnummer:
- 978-3-9821198-4-7
- Preis:
- 32,00 €