"Deutschland für Buchverliebte": Ein Reiseführer für Leseratten
Der Bildband "Deutschland für Buchverliebte" verspricht "eine Reise zu den schönsten Buchhandlungen, Büchercafés, Antiquariaten und mehr". Eine Expedition in eine Welt der Buchstaben und des feinen Papiers, an Orte zum Stöbern und Staunen.
Selbst für leidenschaftliche Vielleser dürften einige der Orte noch unbekannt sein: etwa die Bücherkirche in Axien, einem 400-Seelen-Dorf in Sachsen-Anhalt. Oder ganz weltlich die Wirtshausbibliothek im brandenburgischen Flämingsdorf, "geöffnet solange der Bierhahn läuft". In Troisdorf bei Bonn gibt es ein Museum nur für Bilderbücher, im ostfriesischen Jever eines nur für Krimis. Und das Düsseldorfer Görres-Gymnasium gilt wegen seines wunderlichen Bücherturms als deutsches "Hogwarts".
Historische Bücher-Tempel und geheime Plätze
"Deutschland für Buchverliebte" ist ein Reiseführer, der mit hunderten Fotos, Adressen und Geheimtipps dazu verführt, die heimische Schmökerstube zu verlassen, sich auf den Weg zu machen - etwa in die Altstadt von Görlitz und dort in die prachtvolle Bibliothek der oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften: mit uralten hölzernen Kammern und Gängen voller lederner Buchrücken. Oder in die "Bibliothek der Fürstlichen Abtei zu Amorbach" im Odenwald: schneeweiße, reich verzierte Regale, über denen sich ein barockes Deckenfresko wölbt.
Aber das Buch feiert nicht nur die historischen Tempel der Bücherverehrung, sondern auch die geheimen Plätze verschrobener Büchersammler und Antiquariate. Wie das "Haus der Bücher" in Bremen, dessen labyrinthische Gänge zusammengerechnet 8,4 Regalkilometer messen. Da ist - neben einem raffinierten Ordnungsprinzip - die Selbstdisziplin des Antiquars gefordert.
"Man sieht ein Buch, das einem selbst 50 Euro wert ist. Aber im Grunde genommen, gibt der Markt nur zehn Euro her. Wenn ich jetzt 50 Euro reinschreibe, weil ich das so schön und toll finde, aber der Markt ist anderer Meinung - da komm' ich doch nicht weiter! Man darf, wenn man ein Antiquariat betreibt, nicht selber Sammler sein", sagt Rainer de Haan, der zusammen mit seiner Frau geschätzt 150.000 Bücher anbietet - auch online; für die sich mehr jüngere als ältere Käufer und Leserinnen interessieren, sagt der Buchhändler. Denn viel zu schnell verschwinden Bücher wieder aus den Verlagsprogrammen, die gerade noch im Feuilleton besprochen wurden. Hier in Bremen stehen sie in den Excel-Tabellen vom "Haus der Bücher".
Der Lexikoneffekt als Spiel mit dem Zufall
Für Online hat Martin Weskott gar keine Zeit. Der ehemalige Pastor sah gleich nach der Wende in Leipzig eine Müllkippe voller Bücher aus DDR-Produktion. 1991 holt er sie in seine Bücherburg im niedersächsischen Katlenburg bei Northeim. Hunderttausende sind das, ganze Lastwagen-Ladungen. Als er im Müll Stefan Heyms Essay-Sammlung "Stalin verlässt den Raum" findet - ein ganz wichtiges Buch in der Wendezeit - rettet er nicht einfach Bücher, sondern schreibt seitdem die deutsch-deutsche Literaturgeschichte neu. "Diese Fantasie, etwas Neues zu entdecken und den Text ernst zu nehmen - was ich als Theologe gelernt habe - das müssen wir uns bewahren, und da kann uns nur der Lexikoneffekt weiterhelfen. Weil das ein Suchen ist, bei dem man unter Umständen auch mal etwas findet, was man nicht gesucht hat, was einen aber einen ungemein bereichert", so Weskott.
Dieser Lexikoneffekt als Spiel mit dem Zufall fängt schon beim Blättern im Buch an. Seite 81 zum Beispiel: Cuxhaven - da gibt es ein Joachim-Ringelnatz-Museum. Seite 75: Hamburg - nicht nur die berühmte Buch- und Kunsthandlung Felix Jud, nein, auch ein Büchercafé "Kapitel Drei" in Altona, wo man sich am liebsten sofort bei Tee, Kaffee oder Wein auf dem plüschigen Sofa niederlassen möchte. Und auf der Nordseeinsel Norderney strahlt der Leuchtturm hinein ins "Conversationshaus", eine gediegene Bibliothek mit Ledersesseln und dunklem Holz, die so auch auf einem Passagierschiff schaukeln könnte.
Ein Buch über Bücher für echte Bücherwürmer
Toll an diesem Buch ist, dass es auch die modernen, medialen Seiten der Gutenberg-Galaxis abbildet: Wie in Stuttgart, wo die schöne, klare Architektur der Stadtbibliothek am Mailänder Platz als "Weiße Kulturkathedrale" gepriesen wird. Oder der futuristisch geschwungene Turm des Medienzentrums der Uni Cottbus als "psychedelischer Informationsspeicher".
Dieser Reiseführer lädt mit seinen Fotografien und knappen Texten zu Expeditionen in eine Welt der Buchstaben und des feinen Papiers, an Orte zum Stöbern und Staunen. Er ist ein Buch über Bücher für echte Bücherwürmer.
Deutschland für Buchverliebte - Eine Reise zu den schönsten Buchhandlungen, Büchercafés, Antiquariaten und mehr
- Seitenzahl:
- 192 Seiten
- Genre:
- Bildband
- Verlag:
- Bruckmann Verlag
- Bestellnummer:
- 978-3-7343-3072-8
- Preis:
- 24,99 €