„Hand in Hand“: Rostocker Bürgerinitiative organisiert Sprachcafé
Menschen aus 45 Nationen waren in den letzten sieben Jahren zu Gast im Sprachcafé in Rostock-Evershagen. Eine Bürgerinitiative hilft so Migranten, Kontakte zu knüpfen und Deutsch zu lernen.
Angefangen hat alles im Jahr 2016 mit einer Vorleseaktion der Rostocker Stadtbibliothek für Flüchtlingskinder, erzählt Hans-Joachim Kallwitz: "Damals kamen auch immer mehr Erwachsene, um zuzuhören. Und dann kam jemand auf die Idee, wir probieren es mal mit einem Sprachcafé.“ Mittlerweile hat das ehrenamtliche Helferteam 13 Mitglieder. Und die decken jeden zweiten Dienstag im Mehrgenerationenhaus Evershagen die Kaffeetafel. Kallwitz, der fast von Anfang an dabei ist, hat die Organisation übernommen, nachdem er selber in den Ruhestand gegangen ist. Seine Erfahrung: "In erster Linie wollen die Gäste, die zu uns kommen, Kontakte knüpfen. Sehr viele leben noch in den Flüchtlingsheimen. Und weil die vorwiegend an den Stadträndern sind oder an Orten, wo wenig andere Bevölkerung zu finden ist, sind sie doch relativ isoliert in ihrem Leben.
An der Kaffeetafel wird deutsch gesprochen
Eine Grundregel bei den Treffen: Es wird nur deutsch geredet, denn dazu haben die Migranten sonst viel zu selten eine Gelegenheit. Der Syrer Aiwb Alhilal erinnert sich noch gut an seine Zeit in den staatlichen Gemeinschaftsunterkünften. Dort waren die Bewohner eigentlich immer unter sich, aufs Lernen konnte er sich in dem ständigen Trubel, der dort herrschte, kaum konzentrieren. In diesem Jahr hat er es endlich geschafft, eine eigene Wohnung zu bekommen. Da allerdings fühlt er sich oft alleine. Und seine Hoffnung, mehr mit den Deutschen rundherum zu tun zu haben, hat sich bisher nicht erfüllt: "Meine Nachbarn möchten mich nicht kennenlernen. Ja, das ist schade, aber ich weiß nicht warum. Jeden Tag begrüße ich sie, aber das ist alles.“
Hilfe bei Formularen und Behördengängen
Im Sprachcafé entstehen oft Freundschaften, es wird darüber geredet, welche Feiertage hierzulande gerade anstehen und was sie bedeuten. Und es werden Sprachpatenschaften vermittelt: Deutsche und Migranten treffen sich danach regelmäßig zu zweit, um mindestens einmal in der Woche miteinander zu reden. Denn Sprachen müssen gesprochen werden, nur mit Büchern schafft es fast keiner, sie zu lernen. Hans-Joachim Kallwitz erzählt mit einem Schmunzeln: „Dadurch, dass wir hier ein recht gutes Vertrauensverhältnis zueinander haben, kommen unsere Café-Besucher eigentlich mit jedem Problem, was ihnen auf dem Herzen liegt.“ Sei es die Suche nach Wohnraum, Arbeitsplatz oder Kita, Hilfe bei Formularen oder Behördengängen. „Unterm Strich ist aus dem Sprachcafé inzwischen eine Rundum-Betreuung geworden.“
Ehrenamtlich und ohne staatliche Förderung
Kallwitz, der früher bei der Polizei gearbeitet hat, hat mit dem Ehrenamt angefangen, weil er nach seiner Pensionierung etwas Sinnvolles mit seiner Freizeit anfangen und unter Menschen kommen wollte. „Inzwischen habe ich gelernt, dass es in Rostock eine Menge Menschen gibt, die keine allzu große Lobby haben. Und die wirklich Hilfe benötigen und auch sehr dankbar sind, wenn sie die bekommen.“ Wie ihm geht es vielen seiner Mitstreiter. Weil die meisten schon Rentner sind, haben sie Zeit. Was aber fehlt, ist Geld. Kaffee, Kekse, ein bisschen Obst – all das ist in jüngster Zeit teurer geworden. Druckerpapier und Tinte für Flyer und Aushänge gibt es nicht umsonst. Und auch für Ausflüge und eine Weihnachtsfeier ist die Bürgerinitiative auf Spenden angewiesen.