"Hand in Hand"-Erfolg: Barrierefrei angeln in Güstrow
Raus in die Natur und eigenständig Fische fangen - davon konnten die Angler der Güstrower Lebenshilfe-Wohnstätte am Diestelberg bisher nur träumen. Jetzt bekommen sie einen barrierefreien Angelsteg.
Wie hoch muss das Geländer sein, damit Rollstuhlfahrer bequem ihre Rute auswerfen können und dabei trotzdem nicht versehentlich ins Wasser rollen? Was ist nötig, damit sie einen Fisch, den sie gefangen haben, auch gut an Land bekommen? "Die Stegbauer" aus Neukloster bei Wismar haben sich vor und während der Arbeit immer wieder mit den künftigen Nutzern der Steganlage beraten, damit hinterher auch alles passt. Bisher gibt es erst wenige solche Angebote im Land, zum Beispiel in Marlow. Benjamin Vetter, Inhaber des Unternehmens, erklärt: "Das ist der erste barrierefreie Angelsteg, den wir bauen. Und soweit ich weiß, gibt es dafür keinerlei Vorgaben oder Richtlinien."
Gut erreichbar mit öffentlichen Verkehrsmitteln
Das Geld für den Bau ist im vergangenen Jahr bei der NDR Spendenaktion "Hand in Hand für Norddeutschland" zusammengekommen. Danach musste gemeinsam mit der Stadt Güstrow ein geeigneter Platz gesucht und alle Genehmigungen eingeholt werden. Der ideale Standort fand sich schließlich am Inselseekanal, direkt neben Bushaltestelle und Parkplatz. Dort gab es bereits einen Steg, der nur noch entsprechend umgebaut werden musste. "Das macht das Ganze natürlich deutlich preiswerter, als wenn wir alles neu bauen müssten", freut sich Geschäftsführerin Dagmar Kluge. Zweiter Pluspunkt: Die Angler vom Diestelberg - und natürlich auch alle anderen - können eigenständig mit öffentlichen Verkehrsmitteln dort hin kommen.
Fischrutsche für mehr Eigenständigkeit
Christian Haubitz und Sebastian Dobbertin freuen sich, dass es mit ihrem Angelplatz endlich voran geht. Christian hatte im Alter von 16 Jahren einen Schlaganfall und ist seitdem halbseitig gelähmt. Die Angel kann er nicht gut halten, er muss sie irgendwo abstellen. Wenn ein Fisch anbeißt, ist es für ihn ohne Hilfsmittel kaum möglich, ihn aus dem Wasser zu bekommen. Sebastian winkt ab: "Da helf' ich ihm dann.“ Damit es künftig auch ohne Unterstützung geht, bekommt der neue Steg eine Fischrutsche, über die Angler mit Handycap ihre Beute alleine an Land ziehen können.
Neues Auto, neue Angelausrüstung
Bis Ende November soll der Bauzaun am Inselseekanal verschwinden. Danach fehlt nur noch die Einweihungsfeier, die die Männer und Frauen vom Diestelberg im Januar geplant haben. Über die Spendengelder aus der Hand-in-Hand-Aktion konnte die Lebenshilfe nicht nur den Steg, sondern auch Angelausrüstung, Weiterbildung und ein Auto finanzieren. Letzteres soll auch dafür genutzt werden, künftig noch enger mit dem Landesangelverband zusammenzuarbeiten.