Gemeinsam stark - die Ideenwerkstatt in Schenefeld
"Gemeinsam stark" ist das Motto der Lebenshilfe. In Schenefeld (Kreis Pinneberg) bietet sie deshalb viele Freizeit-Angebote seit rund einem Jahr nicht mehr nur in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung an, sondern öffnet sie für alle.
Er klopft mit beiden Händen auf seine Oberschenkel und guckt dabei den Chor an, der ihm gegenübersitzt: "Wir machen mal eine kleine Rhythmus Übung", sagt Peter Runck. "So, wie die Elefanten laufen - und immer im Takt bleiben!" Dann fangen alle an, zu singen - "Bruder Jakob". Ganz außen sitzt Patrik Schaar, der Autismus hat, neben ihm seine Mutter Anke und in der Mitte Ralf Tetzner, der bei einem Auto-Unfall im Kindesalter ein schweres Schädel-Hirn-Trauma erlitt und seitdem geistig behindert ist. In diesem Chor der Lebenshilfe kann jeder mitsingen. Einmal in der Woche treffen sie sich in der Ideenwerkstatt. Rund 15 Menschen mit und ohne Behinderung. "Weil es Spaß macht", sagt Ralf Tetzner. "Das ist mein einziges Hobby." Und Patriks Mutter erzählt: "Er spricht nicht sehr viel. Oft versteht man ihn auch gar nicht. Aber hier ist er ein ganz anderer Mensch. Er lacht und singt die Texte klar und deutlich mit."
Chorprobe bei offener Tür
Während sie singen, bleiben draußen immer wieder Menschen vor der großen Scheibe stehen und hören zu. Seit rund einem Jahr probt der Chor hier in der Ideenwerkstatt, mitten im Einkaufszentrum in Schenefeld. Wo die Tür währenddessen immer offensteht. "Das Ziel ist, dass wir Menschen zusammenbringen, die im normalen Leben nicht zusammenkommen würden", sagt Geschäftsführerin Birgit Schröder. "Um gemeinsam Spaß zu haben, Zeit zu verbringen und ins Gespräch zu kommen." Auch neue Ehrenamtler erhofft sich die Lebenshilfe so zu finden. Der Chor braucht zum Beispiel dringend einen Fahrer. Denn bisher holt Chorleiter Peter Runck die Teilnehmerinnen und Teilnehmer selber ab – und bringt sie wieder zurück. Ein Zeitaufwand, den er eigentlich nicht leisten kann. "Aber sonst könnte der Chor nicht proben," sagt er. "Darum mache ich das gerne."
Gemeinsames Abendessen
Den Raum hat das Stadtzentrum Schenefeld der Lebenshilfe kostenfrei zur Verfügung gestellt. Hier treffen sich Menschen mit und ohne Behinderung nicht nur beim Singen, sondern auch beim gemeinsamen Basteln, Malen, Lesen oder Kochen. So wie an diesem Abend nach der Chorprobe. "Manche haben ja abends Lust, etwas zu knabbern, und das sind meistens Chips", erklärt Ökotrophologin Ulrike Wagner der Gruppe, die jetzt um den großen Tisch herum sitzt. "Ich habe mal eine gesunde Variante gemacht: Leinsamen Kräcker." Die Rezepte, die sie einmal in der Woche mitbringt und mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern gemeinsam zubereitet, sollen gesund und einfach sein. Aber das Wichtigste ist auch hier immer: das Zusammensein.
Kochen mit provisorischer Ausstattung
In verschiedenen Gruppen bereiten sie jetzt die vier Gänge zu. Birgit Duske, die Trisomie 21 hat, schält die Möhren für die Kürbissuppe, während Klaus Lindecke die Birnen für die Vorspeise schneidet. "Weil ich das besser finde, als immer nur kaufen, was fertig ist", sagt er. Und Torben Eggerstedt ist dabei, weil er "gerne kocht, und man hier ein bisschen unter Leute kommt." Seit drei Monaten kochen sie hier gemeinsam. Mit einem geliehenen Kühlschrank, einer mobilen Kochplatte und dem Nötigsten an Geschirr. "Wir sind immer noch bestrebt, die Idee mehr auszubauen", sagt Geschäftsführerin Birgit Schröder. "Dafür bräuchten wir aber Geld für mehr Geschirr, einen größeren Kühlschrank und einen Herd."
Nach rund einer Stunde sitzen alle gemeinsam am Tisch und probieren die vier Gänge, die sie zubereitet haben. "Das schmeckt nicht", findet Thomas Lehmitz. Birgit Duske widerspricht "Das ist lecker" Und alle müssen lachen. Die Lebenshilfe Schenefeld hofft, dass mit der Zeit auch immer mehr Menschen ohne Behinderung dazukommen. Damit alle voneinander profitieren können.