Unsere Geschichte
Samstag, 04. Januar 2025, 12:15 bis
13:00 Uhr
Hamburg-St. Pauli: Das ist für viele Menschen die Reeperbahn, eine glitzernde Vergnügungsmeile voller Versuchungen. Hier werden Kinder ein bisschen schneller erwachsen als anderswo. Die St. Paulianer, die sich in diesem Film an ihre Jugend erinnern, wuchsen abseits der Reeperbahn in den kleinen Nebenstraßen auf. In denen wohnen bis heute Menschen, die mit der Glitzerwelt der Vergnügungsmeile nur wenig zu tun haben.
Sie kennen beide Gesichter des Viertels. St. Pauli, das war in den 1950er-, 1960er- und 1970er-Jahren ein Arbeiterviertel, in dem Handwerker, Hafenarbeiter und Einwanderer Tür an Tür mit den Leuten aus dem "Milieu" wohnten. Bis heute sind die Kiezkinder von einst stolz, in Hamburgs berühmtestem und berüchtigstem Stadtteil groß geworden zu sein.
Auf dem Weg zur Schule an der Striptease-Bar vorbei
Rolf und Bodo sind Söhne des Bäckermeisters Schumann. Nach dem Zweiten Weltkrieg lag die Bäckerei in Trümmern, nur der Ofen war stehen geblieben. Die Kinder halfen beim Wiederaufbau und lieferten bald mit dem Fahrrad Brötchen in ganz St. Pauli aus. Nur ein paar Meter vom Elternhaus entfernt führte der Schulweg auf der Großen Freiheit an den Schaukästen der Striptease-Bars vorbei, in denen nackte Frauen zu bewundern waren.
Karla Fejzagic wurde 1945 auf St. Pauli in der Wohnung geboren, in der sie bis heute lebt. Sie fragte sich als Kind lange, welcher Profession wohl die schönen Mädchen nachgingen, die in der Nachbarwohnung Zimmer mieteten.
St. Pauli: Multikulti schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts
Franco und Mafalda Cuneo wuchsen in der Davidstraße auf, gegenüber vom Lokal ihrer Eltern. Die Großeltern eröffneten bereits 1905 eines der ersten italienischen Restaurants, denn das Hamburger Hafenviertel war bereits multikulturell, bevor dieser Begriff überhaupt erfunden wurde. Gäste des "Cuneo" waren zu Anfang die vielen Seeleute, die dort fern der Heimat südländisches Flair vorfanden. Vom Wohnzimmer der Cuneos hatte man freien Blick in die berüchtigte Herbertstraße. Und das war wohl der Grund, warum sämtliche Klassenkameraden von Franco zum Hausaufgabenmachen nur allzu gern zu ihm kamen.
Eine Kindheit auf Dom und Barkasse
Im Haus von Rainer Krieg wohnten Schausteller, so war er als Kind immer gut mit Freikarten für den Hamburger Dom versorgt. Sein Vater war Barkassenfahrer im Hamburger Hafen und nahm den Sohn in den Ferien mit an Bord. Dass Rainer schon als Kind jeden Hinterhof in St. Pauli kannte, machte sich später bei seiner Berufswahl bezahlt: Er wurde Polizeibeamter auf der berühmten Davidwache.
Auch Horst Fascher merkte schnell, dass man sich auf St. Pauli wehren muss. Er wollte Boxer werden und trainierte auf dem Schulhof in der Seilerstraße. Von dort aus konnte er einen Blick ins Café Lausen erhaschen, wo Mädchen an Tischtelefonen auf Freier warteten. Und dort traf er Wilma, seine erste große Jugendliebe.
St. Paulianer: Von Menschen, die zusammenhalten
Bei "Inkasso-Henry" ist der Name Programm. Er entstammt einer Kaufmannsfamilie und entschloss sich, auf dem Kiez als Kaufmann Karriere zu machen. Sein Vater nahm ihn früher mit ins Hippodrom, wo er mitten auf der Reeperbahn auf Pferden und Eseln reiten konnte. Alle Kinder, die in diesem Hamburger Stadtteil aufgewachsen sind, schwärmen noch heute vom Zusammenhalt der St. Paulianer.
- Autor/in
- Heike Nikolaus
- Redaktion
- Carola Meyer
- Produktionsleiter/in
- Katharina Janssen
- Kamera
- Alexander Pfalzgraf
- Schnitt
- Karen Klamroth
- Sprecher/in
- Volker Lechtenbrink
- Redaktion
- Marc Brasse