Zu wenig Plätze in der Kurzzeitpflege
Schon vor Wochen hat Isolde Hehn aus Rendsburg ihren Urlaub gebucht: Eine Woche Föhr im Juli, zusammen mit ihrer Freundin. Sie wollen dort ein bisschen Wattwandern, sich sonnen und vielleicht auch in der Nordsee schwimmen. Das geht aber nur, wenn sie eine Betreuung für ihren Mann Peter findet. Er leidet seit vielen Jahren an Parkinson und an Demenz. Im Moment ist er bis 16 Uhr in einer Tagespflege. Danach muss sich Isolde Hehn kümmern: ihn beim Laufen stützen, sein Essen zubereiten, ihm Medikamente geben - jeden Tag, jede Nacht.
Dringend bräuchte sie ein bisschen Erholung und Zeit für sich. Sie möchte ihren Mann in dieser Zeit in eine Kurzzeitpflege-Einrichtung geben. Bis zu acht Wochen im Jahr haben pflegende Angehörige Anspruch darauf, bis zu 1.612 Euro bekommen sie dafür von der Pflegekasse. "Ich dachte, das ist ganz einfach", erzählt Isolde Hehn. "Ich buche meinen Urlaub, und dann suche ich für meinen Mann einen Platz in der Kurzzeitpflege - aber Pustekuchen. Bestimmt 20 Heime habe ich mittlerweile durchtelefoniert, die Antwort ist immer die gleiche: 'Wir haben keinen Platz'", berichtet sie.
Kein Einzelfall
Diese Erfahrung teilt auch Corinna Wolf aus dem Westmecklenburg-Klinikum in Hagenow. Sie arbeitet im Sozialdienst und kümmert sich darum, was mit ihren Patienten nach der Entlassung passiert. Auch für diese Patienten ist die Kurzzeitpflege oft eine passende Station: Hier können sie in einer begrenzten Zeit wieder mobilisiert werden, um danach nach Hause zu gehen. Doch immer häufiger bekommt auch Corinna Wolf Absagen von den Heimen: "Ich rufe oft an die 30 Heime an, sogar in anderen Bundesländern. Aber immer wieder gibt es Patienten, für die ich einfach nichts finde", erzählt sie.
Lauter fiktive Plätze
Wie viele Plätze für Kurzzeitpflege es tatsächlich gibt, lässt sich schwer ermitteln. Die Angaben der Krankenkassen und der zuständigen Ministerien variieren. Zudem existieren viele Kurzzeitpflegeplätze nur auf dem Papier. Denn einige dieser Plätze befinden sich in normalen Pflegeheimen, werden aber als Kurzzeitpflegeplätze ausgewiesen. In der Praxis würden sie immer wieder mit Langzeitpatienten belegt, sagen Experten und Heimbetreiber.
Neben diesen sogenannten eingestreuten Kurzzeitpflegeplätzen gibt es sogenannte solitäre Einrichtungen, die nur Kurzzeitpflege anbieten. Doch das sind wenige. In Schleswig-Holstein beispielsweise gibt es keine einzige solitäre Kurzzeitpflege mehr, in Mecklenburg-Vorpommern sind es derzeit neun Einrichtungen.
"Kurzzeitpflege lohnt sich einfach nicht"
Eine davon betreibt Norbert Zobel in Lübtheen im Landkreis Ludwigslust-Parchim. Er weiß, woran es liegt, dass die Plätze so rar sind: "Kurzzeitpflege lohnt sich einfach für die Betreiber nicht". Sie sei verbunden mit sehr hohem bürokratischem und auch pflegerischem Aufwand. Die Bewohner wechseln häufig, zwischen den Belegungen stehen Zimmer immer wieder für ein paar Tage leer. Das Personal muss trotzdem bezahlt werden. Zobel kritisiert außerdem, dass Patienten nach der Entlassung aus dem Krankenhaus oft nicht den angemessenen Pflegegrad zuerkannt bekämen: "Die kommen hier standardmäßig mit Pflegegrad drei, aber oft ist ihr Bedarf eher vier oder fünf. Und das bekommen wir dann nicht refinanziert." Zobel fühlt sich von den Pflegekassen, mit denen er über die Finanzierung verhandelt, oft einfach abgespeist.
Von der Politik würde Norbert Zobel sich wünschen, dass sie das Thema endlich wichtiger nimmt und Druck auf die Pflegekassen ausübt, damit die den tatsächlichen Aufwand finanzieren. Denn die schlechte Bezahlung sei auch Grund dafür, dass viele ausgewiesene Kurzzeitpflegeplätze mit Langzeit-Gästen belegt werden. "Die Nachfrage ist so groß, dass Heimbetreiber sich aussuchen können, ob sie ihre Plätze mit Langzeitbewohnern besetzen. Kaum ein Träger hat wirklich Interesse daran, seine Plätze mit Kurzzeitpflege zu blockieren", sagt Zobel. Pflege-Staatssekretär Andreas Westerfellhaus sieht das Problem. Immer häufiger würden ihm Heimbetreiber und Betroffene vom Mangel an Kurzzeitpflegeplätzen berichten. Er verspricht: "Wir kümmern uns darum, dass es keine Gründe für die Heimbetreiber gibt, sich aus drohender Unwirtschaftlichkeit aus der Kurzzeitpflege zurückzuziehen." Wann genau sich aber in der Praxis etwas bessern wird, darauf hat er keine Antwort.