Unlösbar? Der Kampf um Wohnraum in Norddeutschland
Mieten und Immobilienpreise steigen. Mittlerweile werden selbst für Abrisshäuser Spitzenpreise erzielt, da Baugrundstücke in Städten wie Hamburg zur Seltenheit geworden sind.
600.000 Euro für ein stark sanierungsbedürftiges Einfamilienhaus in einem Randgebiet von Hamburg. Das ist das Mindestgebot bei einem Auktionsverfahren. Hauke Rohde ist Makler und verkauft das Haus seiner verstorbenen Großmutter.
An dem über hundert Jahre alten Haus müsste viel gemacht werden. Denn das Dachgeschoss ist unbeheizt, die Fenster einfach verglast, die Wände ungedämmt, der Keller feucht und die Elektrik nicht zeitgemäß. "Wir sehen auch hier ein Beispiel für die Elektrik, die komplett saniert werden müsste," sagt Rohde.
Seltene Baugrundstücke
Ein Aufwand, der sich für viele Interessenten nicht lohnt. Kaufinteressent Patrick Hegedues etwa würde das Haus abreißen lassen und ein neues bauen - ihn interessiert nicht das Haus, sondern das Grundstück. Denn Baugrundstücke wie dieses gibt es kaum noch in Hamburg.
Dafür wäre Hegedues bereit viel Geld für ein Haus zu zahlen, welches er eigentlich gar nicht will. "Man bezahlt auch für ein Grundstück ohne Haus so viel. Also die Preise sind ja wirklich sehr krank geworden. Wenn man das so sagen darf", erzählt er. Für den Neubau kalkuliere er nochmal 700.000 Euro und käme dann auf insgesamt 1,4 Millionen Euro. Solche Summen sind längst Normalität. Und nicht nur Eigenheime, auch die Mieten werden immer teurer.
"Einfamilienhaus-Verbot"
Für die Politik gibt es nur eine Antwort "Bauen, Bauen, Bauen". Tatsächlich wird in vielen Städten nicht nur zu wenig gebaut, sondern oft auch das Falsche. Deshalb wollen Politiker jetzt gegensteuern: "Sie können entscheiden: Weise ich Einfamilienhäuser in neuen Bebauungsplänen aus oder Geschosswohnungsbau?", erklärt Michael Werner-Boelz (Die Grünen), Bezirksamtsleiter von Hamburg Nord. Bezirke könnten im Geschosswohnungsbau "deutlich mehr Menschen ein Dach über dem Kopf anbieten als in Einfamilienhäusern."
In Hamburg Nord werden deshalb keine Einfamilienhäuser mehr in neuen Bebauungsplänen ausgewiesen. Der Beschluss brachte den grünen Bezirksamtsleiter bundesweit in die Schlagzeilen, inklusive Shitstorm und Morddrohungen. Dabei habe er nur laut gesagt, was eine Binsenweisheit sei, so der Bezirksamtsleiter, denn alle Kommunen oder Großstädte hätten eigentlich das gleiche Problem: "Wie schaffen wir es vor dem Hintergrund der begrenzten Ressource Boden, für immer mehr Menschen Wohnraum zu schaffen?"