Cum-Ex: Panorama durfte aus Tagebuch von Bank-Chef zitieren

Stand: 14.09.2023 16:00 Uhr

Panorama durfte aus dem Tagebuch des Bankiers Olearius zitieren. Das hat das Hanseatische Oberlandesgericht erklärt. Die Zitate enthüllten die Treffen des Bankiers mit Olaf Scholz.

Panorama durfte in seinem Beitrag "Cum-Ex-Skandal: Bankier suchte Hilfe bei Scholz" wörtlich aus dem Tagebuch des Bankiers Christian Olearius zitieren. Das Hanseatische Oberlandesgericht erklärte in der Verhandlung am 5. September 2023 zu dieser Frage, einer entsprechenden Berufung von Panorama stattzugeben. Zuvor hatte das Landgericht Hamburg anders geurteilt. Die Entscheidung wird offiziell am 17. Oktober verkündet.

 

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Öffentliches Interesse überwiegt

Christian Olearius © Agentur Focus Foto: Lucas Wahl
Muss Bankier Christian Olearius wörtliche Zitate aus seinen Tagebüchern hinnehmen?

Zur Begründung verwies das Gericht auf eine Abwägung, in der das hohe öffentliche Interesse an diesen Zitaten überwog. Mit den Tagebuch-Zitaten enthüllte Panorama damals drei Treffen von Olaf Scholz mit dem Mitinhaber der Privatbank M.M.Warburg & CO, Christian Olearius, die Scholz bis dahin verschwiegen hatte.

Demnach hatte der damalige Erste Bürgermeister den Bankier mindestens drei Mal empfangen: Zwei der Treffen fanden im Jahr 2016 statt, ein drittes Treffen 2017. Die Treffen werfen Fragen auf in Hinblick auf den damaligen Umgang der Stadt Hamburg mit den Cum-Ex-Geschäften der Warburg Bank.

Der Verdacht: Die Privatbank wollte Einfluss auf die Hamburger Regierung nehmen, um einer Steuerrückzahlung in Höhe von rund 90 Millionen Euro zu entgehen. Olearius hatte mit der Klage versucht, Panorama die Verbreitung von Zitaten aus seinem Tagebuch zu untersagen.

 

VIDEO: Cum-Ex: Der Bankier und der Bürgermeister (30 Min)

Auch die "Süddeutsche Zeitung" durfte zitieren

In einem ähnlich gelagerten Verfahren von Olearius gegen die "Süddeutsche Zeitung", die damals nach der Panorama-Berichterstattung ebenfalls wörtliche Passagen aus den Tagebüchern veröffentlicht hatte, hatte der Bundesgerichtshof (BGH) dieses Zitieren bereits letztinstanzlich für zulässig erklärt.

Der BGH bestätigte für die Verbreitung dieser Zitate ein "überragendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit" und einen "besonderen Dokumentationswert" wegen des Verdachts, dass "hochrangige Hamburger Politiker Einfluss auf Entscheidungen der Finanzbehörden im Zusammenhang mit Steuerrückforderungen nach Cum-Ex-Geschäften genommen hätten".

 

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Außenansicht des Eingangsbereichs der Hamburger Warburg Bank. © picture alliance

Abdruck von Tagebuch-Zitaten rechtmäßig

In einem Bericht über den Cum-Ex-Skandal hatte die "Süddeutsche Zeitung" aus dem Tagebuch des Warburg-Chefs, Olearius, zitiert. extern

Prozessbeginn gegen Olearius

Inzwischen hat die Warburg Bank das aus diesen Cum-Ex-Geschäften widerrechtlich erlangte Geld an den Staat zurück überwiesen. Ihr damaliger Chef Olearius muss sich ab dem 18. September vor dem Landgericht Bonn wegen des Vorwurfs der besonders schweren Steuerhinterziehung verantworten. Ihm droht eine mehrjährige Gefängnisstrafe. Olearius sagt, er sei unschuldig.

 

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Cum-Ex: Panorama durfte aus Tagebuch von Bank-Chef zitieren (Manuskript)

Der Panorama-Beitrag vom 14. September 2023 als PDF-Dokument zum Download. Download (71 KB)

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | 14.09.2023 | 21:45 Uhr

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