Reiche Russen: Angst vor Sanktionen?
In Frankreich machen sie Urlaub. Auf Zypern verstecken sie ihr Geld. Wie reiche Russen sich vor den Sanktionen retten.
Kaviar, Gucci, Rolls Royce: Courchevel in den Französischen Alpen ist ein Dorf wie aus dem Bilderbuch der High-Society. Bei reichen Russen ist der Nobel-Ski-Ort besonders beliebt. Auch jetzt - trotz europäischer Sanktionen.
Dabei verkündete die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach dem EU Gipfel vergangene Woche noch stolz: Die Sanktionen sollten direkt die russische Elite treffen: Diejenigen, die "Putins Kriegsmaschinerie am Laufen halten", sollten nicht länger ihrem pompösen Lebensstil frönen können, sagt sie, "während Bomben auf unschuldige Menschen in der Ukraine fallen."
Teurer Ski-Urlaub trotz Sanktionen
Tatsächlich aber wirkt das Leben in Courchevel auf den ersten Blick so schillernd wie eh und je. Natascha, die in Pelz gekleidete Russin, lacht in die Kamera und sagt, dass ihre Kreditkarte nicht funktionieren würde, was schrecklich wäre. Ob das ein Problem sei, fragt der Reporter von Panorama: "Pay only Cash", erklärt sie. Zurück nach Moskau zu kommen, sei kein Problem. Über die Türkei oder Dubai gingen Flüge nach Moskau, erzählen einige der reichen russischen Touristen hier. Und so lassen sich Sanktionen umgehen.
Während Courchevel der Ort ist, an dem sich reiche Russen gerne aufhalten, so ist Limassol auf Zypern der, der ihnen dies oft erst ermöglicht. Jahrelang konnten sich Geschäftsmänner mit einem Investment von mindestens zwei Millionen Euro einen zyprischen, und damit auch europäischen Pass kaufen. Und dank der lange Zeit laxen Finanzaufsicht versteckten sie hier ihre Vermögenswerte in sogenannten "Limiteds".
Vermögen wird auf Zypern versteckt
In den 2000er Jahren wurden diese undurchsichtigen Firmenstrukturen zunächst genutzt, um Geld vor dem russischen Staat zu verbergen. Als Michail Chodorkovsky bei Wladimir Putin in Ungnade fiel und dessen russisches Vermögen beschlagnahmt wurde, begannen andere Oligarchen, ihr Vermögen im Ausland in Sicherheit zu bringen. "Das war der Auslöser", erklärt Christoph Trautvetter, Experte für Schattenfinanzen und Geldwäsche vom "Netzwerk Steuergerechtigkeit". "Jetzt nutzen sie diese Strukturen, um die Sanktionen zu umgehen."
In der öffentlichen Debatte gehe es laut Trautvetter meist nur um Yachten oder Villen von russischen Oligarchen, die auf der EU- oder US-Sanktionsliste stehen. Der Großteil des russischen Vermögens aber stecke in undurchsichtigen Firmenkonstrukten, die nun wegen des Ukraine-Konflikts besonders auffällige Verkäufe oder Besitzwechsel zu verzeichnen haben.
Eine einst russische Bank wird zyprisch
Da ist beispielsweise die RCB Bank Ltd. mit Sitz auf Zypern. Die einst hundertprozentige Tochter der russischen Staatsbank VTB, die mittlerweile sanktioniert ist, hieß bis 2013 noch in vollem Namen "Russian Commercial Bank". Geleitet wird sie bis heute auch von russischen Geschäftsführern.
Am Tag, als Russland in die Ukraine einfällt, gibt die RCB Bank Ltd. eine knappe, unscheinbar wirkende Pressemitteilung heraus: Die Beteiligungsstruktur habe sich geändert. Die Bank werde an diesem Tag - zumindest auf dem Papier - vollständig zyprisch. Bis dahin war der zweitgrößte Anteilseigner mit rund 46 Prozent die russische Staatsbank VTB.
Der neue Besitzer und eine Limited
Verkauft hatte die VTB ihre Anteile an die "Crendaro Investments Limited", den anderen Anteilseigner. Hinter der Crendaro steht allerdings, als letztendlich wirtschaftlich Begünstigter, Kirill Zimarin. Er arbeitete zuvor bei der russischen VTB Banken-Gruppe und ist heute CEO der RCB Bank Ltd. Ein Russe, der mittlerweile einen zyprischen Pass besitzt.
Zimarin wird in der "World Compliance" Liste als "PEP" geführt, also als "politisch exponierte Person." Auf Anfrage teilen Zimarin und die RCB Bank Ltd. mit, dass er mittlerweile nicht mehr als "PEP" geführt werde. Ob der Eigentümerwechsel der Bank klappt, ist noch offen, denn die dafür nötige Zustimmung durch die Europäische Zentralbank steht noch aus.
Angst vor Sanktionen?
Hätte sie ihre Anteile nicht verkauft, so schätzt Jacob Kirkegaard, Senior Fellow des "Marshall Funds", dann wäre auch die RCB Bank Ltd. auf Zypern direkt oder indirekt von den EU- oder US-Sanktionen betroffen gewesen. Denn obwohl die VTB Bank nur knapp unter 50 Prozent der Anteile hielt, reiche dies laut Kirkegaard aus, um die strategischen Entscheidungen der Bank zu beeinflussen und somit als "de facto" kontrollierender Gesellschafter angesehen zu werden.
So scheint der Flaggenwechsel vor allem auf dem Papier stattgefunden zu haben. Um sich vor drohenden Sanktionen zu retten?
PR-Kampagne und Ukraineflaggen
Die RCB Bank Ltd. verneint dies auf Anfrage von Panorama und der Süddeutschen Zeitung. Sie erklärt schriftlich, der Verkauf der VTB Anteile habe nichts mit den Sanktionen zu tun gehabt. Tatsächlich hatte die VTB Bank schon seit Jahren ihre Anteile reduziert. Gemeinsame Projekte mit russischen Partnern zu beenden, so ein Sprecher der Bank, sei nach dem Krieg in der Ukraine ein "typischer Trend."
Außerdem verurteile die RCB Bank Ltd. in einer PR-Kampagne öffentlich den Krieg in der Ukraine. Und tatsächlich prangt auf der Autobahn nahe Limassol ein meterhohes Plakat mit dem "RCB" Logo und dem Text: "NO WAR".
Das "Russian" im Namen taucht längst nirgendwo mehr auf. Und auch an der Fassade der RCB Filiale in Limassol wehen mittlerweile blau-gelbe Ukraine-Flaggen. Fast so, als müsste die Bank noch den letzten Restzweifel ausräumen, dass sie wirklich nicht mehr "russisch" sei.