Die Passhändler
Die Sonne versinkt bereits langsam im Meer, als Robert de Niro von der Luxusyacht in ein kleines Beiboot steigt und zum Strand übersetzt. Er schlendert über den roten Teppich, hindurch durch ein Spalier aus Hostessen, die alle dieselbe schwarze Perücke tragen, hinein in das klimatisierte Veranstaltungszelt des Global Citizen Forums in Sveti Stefan, Montenegro. Der Schauspieler steigt auf die Bühne, auf der in den Tagen zuvor bereits Grammy-Gewinner, Konzernlenker und Regierungschefs gesprochen haben und erklärt, dass es hier darum gehe, "Teil einer Weltgemeinschaft zu sein, in der sich jeder gegenseitig hilft". Kurze Pause. "Das mag altruistisch klingen, aber darum geht es."
Die etwas mehr als 400 Männer und Frauen aus aller Welt, die sich hier versammelt haben, applaudieren begeistert. Sie verstehen sich als "Global Citizens", als die Vorhut einer globalen Elite, die es jedem Menschen ermöglichen will, sich auf der ganzen Welt frei zu bewegen, Zugang zu höchster Lebensqualität, zu bester Gesundheitsversorgung und Bildung zu haben und seine Familie in Sicherheit und Frieden zu wissen. Das Problem ist nur: Diese Menschen müssen dafür sehr, sehr reich sein. So reich, dass sie sich mal eben für bis zu zwei Millionen Euro eine Staatsbürgerschaft kaufen können. Denn es handelt sich hier nicht um einen Menschenrechtskongress, sondern um eine Party von Passverkäufern - unter dem Deckmantel einer Wohltätigkeitsveranstaltung.
Ein Pass-Basar für die Geld-Elite
Der "Ober-Passverkäufer" ist Armand Arton, er hat das Global Citizen Forum organisiert. Er arbeitet eng mit 13 Ländern zusammen, die reichen Ausländern Aufenthaltstitel und Staatsbürgerschaften gewähren. Darunter sind auch EU-Staaten wie Zypern, Bulgarien oder Portugal. Arton kümmert sich um den Vertrieb. Man könnte auch sagen: Diese Länder verkaufen ihre Nationalität an Superreiche, und Armand Arton ist ihr Dealer.
Er selbst besitzt gleich sechs verschiedene Pässe und macht keinen Hehl daraus, wer seine Kunden sind: "Es sind die Mitglieder des obersten Prozents, die in eine zweite Staatsangehörigkeit investieren, um das einzige zu beheben, das außerhalb ihrer Macht liegt: Der Geburtsort, der ihre Möglichkeiten einschränkt." 90 Prozent der "wohlhabenden Migranten" kommen Arton zufolge aus Asien, dem arabischen Raum, Russland oder Afrika. An jedem Pass, den sie bei Arton kaufen, verdient er hohe Provisionen.
Die Staatsbürgerschaft, eigentlich die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft, mit der Rechte und Pflichten einhergehen, ist so zur schnöden Ware für Wohlbetuchte geworden, seit immer mehr Länder sogenannte "Citizenship by Investment"-Programme auflegen. Der Deal läuft immer ähnlich ab: Ein Investor steckt einen Haufen Geld in Immobilien, Firmen oder Staatsanleihen und erhält dafür Aufenthaltstitel und nach einer gewissen Zeit den Pass des Landes. Auf Zypern sind es zwei Millionen Euro, auf Malta 1,15 Millionen, in Bulgarien eine Millionen, in Portugal, dem Pass-Discounter, reichen schon 500.000 Euro.
Familiennachzug? Für 500.000 Euro kein Problem
Wer sich genauer informieren will, welches der Programme am besten zu ihm passt, der kommt am besten nach Cannes zur Messe "Emigration & Luxury Real Estate". Hier an der Côte d'Azur lässt sich alles aus einer Hand erledigen, denn hier werden Luxusimmobilien gleich zusammen mit der jeweiligen Staatsbürgerschaft verkauft. Dafür interessieren sich auch die beiden Multimillionäre Nemat Mamedov und Tural Velijev. Velijev ist selbst aus der Immobilienbranche, Mamedov ist Großhändler für Klimaanalagen. Die beiden haben es im korruptionsgeplagten Aserbaidschan zu einigem Reichtum gebracht. Jetzt wollen Sie einen EU-Pass kaufen.
Am Stand der Firma Giovani Group erklärt ihnen der Passverkäufer Antonis Antoniou, dass sie nach nur drei Monaten europäische Bürger werden können, wenn sie jeweils zwei Millionen in einen Wohnsitz auf Zypern stecken. "Aber muss ich dann da drei Jahre leben?", will Velijev wissen. Passdealer Antoniou besänftigt: "Nein, nein, es gibt keine Vorgabe dort zu leben. Sie müssen dort nicht einen einzigen Tag verbringen!" Gut für Velijev. Er könnte als Neu-Zypriot direkt nach Berlin ziehen oder nach Paris. Innerhalb der Europäischen Union genießen alle Unionsbürger das Recht auf Freizügigkeit. Schließlich würde er gerne mit seiner Frau problemlos über die Champs-Élysées spazieren oder mit den Kindern Disneyland Paris besuchen. Aber noch etwas treibt Velijev um: Dass die neue Staatsbürgerschaft für seine Frau und seine Kinder unter 28 im Preis inbegriffen ist, weiß er, aber was ist mit seinen Eltern? "Für die gilt das auch", erklärt Antoniou grinsend, "aber dann müssen Sie nochmal eine halbe Millionen in eine Unterkunft stecken". Solange der Einsatz stimmt, ist im Europa der Passverkäufer der Familiennachzug kein Problem.
- Teil 1: Familiennachzug? Für 500.000 Euro kein Problem
- Teil 2: Lukrative Geschäfte und ein wachsender Markt