Die Passhändler
Bei der Passverkäufer-Party in Montenegro ist Stargast Robert de Niro wieder verschwunden. Sein Auftritt dauerte rund eine Viertelstunde und beschäftigte sich mit Klimawandel, Naturkatastrophen, Donald Trump und damit, dass der von einem Hurrikan schwer getroffene Karibikstaat Antigua und Barbuda dringend Hilfe benötigt. Dazu muss man wissen: Auch die Steueroase Antigua und Barbuda verkauft Pässe über Armand Arton. Warum also nicht Investoren für den Wiederaufbau mit Staatsbürgerschaften locken? Und so gibt es dort momentan einen Pass für besonders günstige 100.000 Euro, eine Art Katastrophen-Discount für den Wiederaufbau. De Niro selbst hätte den nicht nötig. Zusammen mit einem australischen Milliardär investiert er gleich über 200 Millionen. In ein Luxusressort.
Immobilienboom als Folge des Passhandels
Armand Arton schätzt, dass im Tausch gegen EU-Pässe und Aufenthaltstitel rund sieben Milliarden Euro pro Jahr nach Europa fließen. Das Geschäft boomt, in Branchenkreisen ist von Wachstumsraten von bis zu 30 Prozent pro Jahr die Rede. Kein Wunder, schließlich gibt es weltweit immer mehr Superreiche. Die EU-Länder, die ihnen Pässe verkaufen, würden stark von diesem Kapitalzufluss profitieren, sagt Arton. Doch auch hier fließt das meiste Geld in Luxus-Immobilien, von denen der Normalbürger kaum etwas hat, wie das Beispiel Portugal zeigt.
Lissabon, Innenstadt. Durch das Passprogramm ist hier ein Immobilienboom ausgebrochen. Vor kurzem war in der Avenida Duque de Loule noch ein Straßenstrich für Transsexuelle. Heute führt der Makler Francisco Guerra in ein Haus für Reiche, das er ein "Golden Visa Produkt" nennt. In ihm kostet jede Wohnung mindestens 500.000 Euro, genau die Summe, die man investieren muss, um ein "Goldenes Visum", das am Ende einen portugiesischen Pass bringt, zu bekommen. Die Wohnungen sind klein, aber extrem luxuriös. Die Decken über drei Meter hoch, die Bäder aus Marmor. Kaum einer der Investoren werde hier einziehen, erklärt Guerra. Im besten Fall werden die Apartments als Ferienwohnungen genutzt, denn die Miete ist für Normalbürger viel zu hoch. "Portugiesen können sich so etwas nicht leisten, diesen Luxus mit Pool und Garten", sagt Guerra.
Dass es vielen Passkäufern offenbar vollkommen egal ist, was aus ihrem Investment wird, zeigt ein weiteres "Golden Visa Haus". Laut einer Liste, die Panorama zugespielt wurde, haben gleich elf Chinesen hier investiert, jeweils Summen knapp über 500.000 Euro. Verkauft wurden die Wohnungen 2014, seit 2015 besteht eine Baugenehmigung. Das Gebäude ist komplett verwaist. Kein Chinese weit und breit.
Trübes Geld im europäischen Markt
Die angeblichen Segnungen des Passverkaufs scheinen also mehr als fragwürdig. Und es kommen auch nicht nur wohlhabende Chinesen oder Aserbaidschaner mit einem Faible für Disneyland. Experten wie der EU-Abgeordnete Sven Giegold (Bündnis 90 / Die Grünen) gehen davon aus, dass Passverkaufsprogramme im großen Stil zur Geldwäsche genutzt werden. Die Passverkäufer argumentieren, man prüfe jeden Einzelfall gründlich, doch es gibt immer wieder Fälle, in denen das Geld, das nach Europa fließt, aus trüben Quellen stammt.
Wie etwa im Fall des brasilianischen Multimillionärs Otavio Azevedo, der sich im reichen Lissaboner Stadtteil Lapa für 1,4 Millionen Euro eine Wohnung gekauft hat. Im Haus gehen viele Bedienstete ein und aus. Senor Azevedo war lange nicht da, verrät eine Angestellte, er habe die Bel-Etage ganz oben. Seine Abwesenheit ist leicht zu erklären: In seiner alten Heimat Brasilien wurde der Neu-Portugiese und ehemalige Chef des Baukonzerns Andrade Gutierrez wegen Korruption und Schmiergeldzahlungen zu 18 Jahren Hausarrest verurteilt. Oder wie im Fall von Manuel Vicente, dem Vizepräsidenten des ölreichen Angolas, gegen den in Portugal wegen Korruption ermittelt wird. Seine Familie kam anstandslos ins portugiesische Passprogramm. Seine Anwälte schreiben, die Vorwürfe gegen Vicente seien falsch und unfair. Das portugiesische Innenministerium teilt mit, man kommentiere keine Einzelfälle, alle Prüfungen verfügten aber über angemessene Instrumente, um die Rechtmäßigkeit und Sicherheit zu gewährleisten.
Ein Sprecher der EU-Kommission sagt Panorama, die Passvergabe sei vor allem Sache der Nationalstaaten. Die Kommission sei aber "im Dialog auch mit Mitgliedsstaaten, es geht einerseits um die rechtliche Regelung und auch um die praktische Anwendung." Man arbeite an einem umfassenden Bericht, der zeige "wie die verschiedenen Programme gestaltet sind." Das klingt nicht gerade nach hohem Druck von Brüssel auf die Passverkäufer.
Superstars und Staatspräsidenten als Partygäste
Zurück in Montenegro läuft derweil der Soundcheck für die große Party am Abend. US-Superstar Wyclef Jean wird spielen, die Grammy-Gewinner Akon und Eve sind auch gebucht. Die Hostessen werden diesmal nicht schwarze, sondern weiße Perücken tragen, und es wird teuren Wodka aus Magnum-Flaschen geben, auf denen das Logo von Arton Capital prangt und die von innen beleuchtet sind. Es werden wunderbare PR-Bilder entstehen. Ob Armand Arton der größte Passverkäufer der Welt ist oder nur einer der größten, das wird nebensächlich sein, denn auf jeden Fall schmeißt er für seine Kunden, für die VIPs und die Politiker die größte Party. Ein Spitzenlobbyist in Sachen Passhandel.
Wohl deshalb findet sein "Global Citizen Forum" auch in Montenegro statt. Das Land - nebenbei ein aussichtsreicher EU-Beitrittskandidat - will auch demnächst seinen Pass verkaufen. Premierminister Duško Marković, der fast für die gesamte Dauer der zweitägigen Veranstaltung vor Ort ist, hält große Stücke auf Arton. "Seine Ideen sind sehr wertvoll für uns", sagt der Regierungschef, "wir werden mit ihm kooperieren". Armand Arton wird also bald einen Pass mehr im Angebot haben.
Und was ist aus dem Altruismus geworden? Am Ende kommen bei der „Wohltätigkeits-Party“ rund 400.000 US Dollar für den Aufbau einer Schule sowie 50.000 US Dollar für die Cherie Blair Stiftung zusammen. Viel Geld, aber es würde nicht für einen einzigen EU-Pass reichen.
- Teil 1: Familiennachzug? Für 500.000 Euro kein Problem
- Teil 2: Lukrative Geschäfte und ein wachsender Markt