Rechte Polizisten: Nur schwarze Schafe?
Rechtsextreme Chat-Gruppen, Übergriffe, Vorwurf rassistischer Kontrollen: Hat die Polizei ein Rassismus-Problem? Wir haben Polizisten und Jugendliche mit Migrationshintergrund begleitet.
Immer wieder ist in Deutschland in den letzten Monaten über Polizeikontrollen, Racial Profiling, Rassismus und Polizeigewalt gestritten worden. Diverse Videos in sozialen Medien und zuletzt Chat-Gruppen mit rechtsextremen Inhalten bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen haben die Diskussion um Einstellungen in der Polizei neu entfacht.
Wir haben Polizisten und Jugendliche mit Migrationshintergrund in Hannover einen Abend lang begleitet. Wie schätzen sie das Problem ein? "Das sind immer Bärendienste gegenüber der gesamten Polizei in Deutschland. Das fällt immer auch auf uns hier und alle anderen Polizisten in Deutschland zurück", sagt Polizeihauptkommissar Hendrik Steckhan auf die Frage nach Fällen von Rechtsextremismus in der deutschen Polizei.
Die Polizei als ungewollter Gegner
Auch der 23-jährige Evans ist im Hannoveraner Stadtteil Linden auf der beliebten Partymeile Limmerstraße unterwegs. Der Sohn eines nigerianischen Vaters ist mit Freunden verabredet - viele haben mindestens einen ausländischen Elternteil. "Die sind alle gegen die Polizei", sagt Evans. Das habe vor allem mit persönlichen Erfahrungen zu tun: "Das sind ganz normale Leute", betont er, "Erzieher und so." Doch jeder von ihnen könne von Polizeikontrollen berichten, die sie als rassistisch empfanden.
Diskriminierende Kontrollen - Racial Profiling - ließen zwar nicht direkt auf rechtsextreme Einstellungen schließen: "Ich glaube nicht, dass der Durchschnitt der Polizisten rechts ist, ich glaube aber, dass viel zu viele rechts sind. Das gibt es noch viel zu oft, dass die Menschen, die uns eigentlich beschützen sollen, von der Grundeinstellung einfach gegen uns sind."
Studie gefordert - Seehofer winkt ab
Um mehr Klarheit über das Problem zu gewinnen, wünschen sich viele eine unabhängige Studie über die Einstellungen von Polizisten - neben Forschern vor allem die Innenminister der SPD-geführten Länder. Doch Bundesinnenminister Seehofer lehnt bislang ab.
Hauptkommissar Steckhan würde eine Studie befürworten: "Ich glaube, in der Größenordnung wie die Wahrnehmung gerade ist, dass es rechtes Gedankengut bei der Polizei nicht gibt. Zum anderen hoffe ich aber auch, dass man diejenigen findet, die rechtes Gedankengut innerhalb der Polizei haben und pflegen. Ich möchte diese Kollegen nicht wirklich gerne bei der Polizei haben. Ich will nicht mit Rassisten in irgendeiner Art zusammenarbeiten."
Keine Konsequenzen bei rechten Sprüchen?
Hendrik Steckhan will nicht verhehlen, dass er auch schon rassistische Äußerungen von Kollegen wahrgenommen hat: "Ich habe sicherlich schon abfällige Bemerkungen mitbekommen, die Kollegen über Ausländer oder Homosexuelle haben fallen lassen. Ich glaube aber, dass solche Äußerungen grundsätzlich nicht dazu geführt haben, dass das polizeiliche Handeln in irgendeiner Weise rassistisch beeinflusst wird."
Ob es in solchen Fällen von rassistischen Ausfällen denn Konsequenzen gab? "Also in dem Fall, an den ich jetzt denke, da hat der Kollege dann gesagt, dass es nicht so gemeint war und ich habe es auch nicht wieder von ihm gehört. Und damit war das dann auch ad acta gelegt."
Das Vertrauen in die Polizei schwindet
In einer Seitenstraße treffen sich Zeynep, Umut und ihre Freunde. Auch die Jugendlichen nehmen die aktuellen Fälle von Rechtsextremismus und Polizeigewalt wahr. "Also ich vertraue der Polizei eigentlich schon", sagt die 18-jährige Zeynep. "Aber jetzt nach den ganzen Sachen, die passiert sind, überlege ich manchmal, ob ich der Polizei wirklich trauen kann und sollte."
Auch für sie ist die alltägliche Erfahrung mit der Polizei häufig eine diskriminierende. Umut zeigt auf die Bauchtasche seines Freundes Erkan. "Wenn man zum Beispiel so eine kleine Tasche dabeihat, dann sagen die Polizisten: 'Dürfen wir einen kleinen Blick reinwerfen?' Dann gucken sie rein und dann ist auch alles gut. Dann gehen sie weiter und du gehst weiter, aber du fragst dich: 'Was habe ich falsch gemacht, dass genau ich kontrolliert werde?'"
Das erlebt auch Hauptkommissar Steckhan: "Es ist schon so, wenn man ab und an Personen mit Migrationshintergrund kontrolliert, dass man sich dann dem Vorwurf ausgesetzt sieht 'ihr kontrolliert mich doch nur weil ich Ausländer bin.'" Teil der Realität sei aber auch, dass bei bestimmten Delikten an Orten wie dem Hauptbahnhof spezifische Gruppen überrepräsentiert seien und es daher auch zu falschen Verdächtigungen komme.
Offene Diskussion wäre für alle gut
Die Eltern des jungen Hannoveraners Zadjo kommen aus Afghanistan, er ist in Deutschland aufgewachsen. Auch er ist für eine Studie: "Ich bin froh in diesem Land zu leben. In dem Land, aus dem meine Eltern kommen, gibt es keine Demokratie", erzählt er. "Ich bin mehr als glücklich hier zu leben, aber das heißt doch nicht, dass man nicht Sachen verbessern kann. Man darf doch ruhig den Tatsachen ins Auge blicken. Lasst uns doch darüber diskutieren. Lasst uns doch versuchen Sachen besser zu machen."